Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

fertigende öffentliche Interesse nicht auf Gefahrenabwehr und Sozialpo- litik einengt. Auf der anderen Seite ist auch nicht davon auszugehen, dass die Landesverfassung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts «wirtschaftspolitisch neutral» ist.85 Weitgehend unbestritten ist, dass die Landesverfassung, so wie in vergleichbaren anderen demokratischen, die Gewaltenteilung beachten- den Verfassungsstaaten, dem Gesetzgeber die «Grundrechtsbegren- zungsaufgabe anvertraut».86Diesem kommt demgemäss hinsichtlich der Einhaltung aller Eingriffsvoraussetzungen eine Entscheidungs- bzw. Wertungsprärogative zu; die Landesverfassung zieht ihm dabei Grenzen, die er nicht überschreiten darf, d. h. er darf dem Freiheitsrecht nicht be- liebig Schranken ziehen.87Bei Eingriffen haben Gesetzgeber und rechts- anwendende Behörden «die Wertentscheidung zu beachten, welche die- sem Grundrecht zugrunde liegt, d. h. insbesondere die Privatautonomie hinsichtlich der Wahl und Ausübung des Berufs».88Bei der Beantwor- tung der Frage nach der Zulässigkeit von Eingriffen ist von der Schwere des Eingriffs auszugehen. Die Rechtfertigungsbedürftigkeit hängt also, wie der Staatsgerichtshof unter Verweis auf die vom deutschen Bundes- verfassungsgericht im Zusammenhang mit dem «Apothekenurteil» ent- wickelte «Dreistufentheorie»89ausführte, von der Tragweite und Inten- sität des jeweiligen Eingriffes in die Handels- und Gewerbefreiheit ab».90 740Klaus 
A. Vallender 85Vgl. hierzu nachstehenden Abschnitt IV. 86StGH 2006/5 Erw. 3a. 87StGH 2003/48 Erw. 5.2.4, im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>. 88StGH 2006/44 Erw. 3, LES 2008, S. 11 (16). 89BVerfGE 7, 377, 397 ff. Vgl. zum Theoriegehalt Stober, Wirtschaftsverwaltungs- recht, S. 156 ff., und Frick, Gewährleistung, S. 290 ff. 90StGH 2000/12 Erw. 4.5, LES 2003, S. 112 (121) unter Bezugnahme auf Frick, Ge- währleistung, S. 290 ff. Im Einklang mit der Grundidee der Dreistufentheorie steht auch die ständige Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs. Siehe z. B. das Urteil vom 2. Dezember 2008 Slg. 1825, Geschäftszahl B 1989/06, wo der VfGH ausführt: «Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung be- schränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das be- deutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismässig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein grösserer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch 31
	        

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