Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

nach dem engen Wortlaut, sondern weit verstanden. «Das Recht Eigen- tum zu erwerben und darüber frei zu verfügen, ist sowohl für die eigen- verantwortliche und selbständige Gestaltung des Lebens der Menschen von Bedeutung als auch als Zurechnungsregel der wirtschaftlichen Fol- gen von Entscheidungen [. . .]».4 Wie der Staatsgerichtshof erwog, gewährleistet die Eigentumsga- rantie «dem Eigentümer die aus seiner Eigentümerstellung fliessenden Nutzungs- und Verfügungsrechte, die Vermögenserwerbsfreiheit garan- tiert hingegen dem Nichteigentümer die Möglichkeit, frei Vermögen und damit Eigentum zu erwerben [. . .].»5 Die herrschende Lehre geht zutreffend davon aus, dass die «Eigen- tumsgarantie» nach Art. 34 LV und die «Garantie des freien Vermögens- erwerbes» gemäss Art. 28 LV sich gegenseitig bedingen.6Interessant ist die Frage nach der Bedeutung der Differenzierung in der Gewährleis- tung. Unseres Erachtens handelt es sich bei den beiden expliziten Ge- währleistungen um zwei Seiten einer Medaille. Die Eigentumsgarantie als 
Bestandesgarantiemit den sich für den Eigentümer aus seiner Eigen- tümerstellung ergebenden Nutzungs- und Verfügungsrechten wird ihrer Funktion in der Regel nur in vollem Umfang gerecht, wenn auch andere Personen (Nichteigentümer) frei nach eigenem Gutfinden Eigentum er- werben können. Die Eigentumsgarantie wird auf diese Weise ihrer Funktion als 
Garantin einer freiheitlichen Eigentumsordnungam besten gerecht. Die Aussage der Landesverfassung, wonach zumindest für Inlän- der nicht nur der Bestand des Eigentums geschützt ist, sondern auch der Erwerb, bedeutet eine zweckmässige Klarstellung. Dies vor allem, wenn man berücksichtigt, wie es wäre, wenn sich die Verfassung darüber aus- schwiege. Ein Blick ins deutschsprachige Ausland verdeutlicht das. Das 692Klaus 
A. Vallender / Hugo Vogt 4Korinek Karl, Wirtschaftliche Freiheiten, in: Merten Detlef / Papier Hans-Jürgen, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa. Band VII/1, Heidelberg 2009, § 196, Rz. 21. 5StGH 1988/19, Urteil vom 27. April 1989, LES 1989, S. 122 (125). Vgl. auch StGH 2006/53, Entscheidung vom 17. September 2007, <www.stgh.li>, S. 10 f. 6Vgl. Wille H., Verwaltungsrecht, S. 81; Höfling, Grundrechtsordnung, S. 162; Höf- ling, Grundrechtsordnung des Fürstentums Liechtenstein, Rz. 48. Siehe ferner Fehr, Grundverkehrsrecht, S. 120, sowie Frick, Gewährleistung, S. 61 f., der sagt, es handle sich bei der Garantie des freien Vermögenserwerbes um eine «Ergänzung zur Garantie des Privateigentums». 456
	        

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