Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Im Gegensatz zur Schweiz stellen die politischen Rechte in Liech- tenstein jedoch nicht den eigentlichen Grundpfeiler des Systems dar, sondern bilden das Gegenstück zum monarchischen Element. Die di- rekte Demokratie ist daher nicht der zentrale Identitätsfaktor des politi- schen Systems. Zudem wird die Mitwirkung des Volkes an der staat - lichen Willensbildung durch den Umstand stark begrenzt, dass die Fälle obligatorischer Volksabstimmungen relativ selten sind und insbesondere Verfassungsänderungen grundsätzlich ohne ausdrückliche Zustimmung des Volkes vorgenommen werden können. Die politischen Rechte in Liechtenstein sind zwar zahlreich, von praktischer Bedeutung sind jedoch nur wenige. Insbesondere die anläss- lich der Verfassungsrevision 2003 neu eingeführten Rechte betreffend die Richterwahlen, den Misstrauensantrag gegen den Fürsten und die Initiative auf Abschaffung der Monarchie dienen eher dem Versuch der Steigerung der (indirekten) demokratischen Legitimation des Fürsten denn dem tatsächlichen Ausbau der Mitwirkungsrechte der Stimmbe- rechtigten. Das Volk soll den Fürsten permanent durch das Nichtergrei- fen eines Misstrauensantrags oder einer Initiative auf Monarchieabschaf- fung legitimieren.165Echte demokratische Legitimation kann jedoch nur über einen aktiven Wahlvorgang der Stimmberechtigten erfolgen. Die Instrumente, die den Stimmberechtigten gegen den Fürsten persönlich oder gegen die Monarchie als Institution zur Verfügung stehen, sind zu- dem in der Praxis aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Hürden kaum ausübbar. Es erscheint daher fraglich, ob von diesen neuen Rech- ten überhaupt je Gebrauch gemacht werden wird oder ob es sich nicht eher um Scheinvolksrechte handelt.166 Dennoch: Im Vergleich mit den allermeisten anderen Staaten zeich- net sich das Fürstentum Liechtenstein durch einen hohen Grad an di- rekten Mitwirkungsmöglichkeiten des Volkes aus. Bei einer Gesamt- würdigung der politischen Rechte sollte auch nicht nur auf den – im Ein- 683 
Politische Rechte 165Vgl. Batliner, Fragen, Rz. 203 und 206; Rhinow, Rechtsgutachten, S. 87 f. Zu beach- ten ist, dass nur die Initiative auf Abschaffung der Monarchie nach Art. 113 LV al- lenfalls als indirekte Legitimation der Institution der Monarchie dienen kann. Beim Verfahren nach Art. 13ter LV handelt es sich lediglich um einen Antrag des Volkes an das Fürstenhaus, dem dieses nicht zu folgen verpflichtet ist. 166Nach Batliner, Fragen, Rz. 199, sind die neuen Volkskompetenzen «faktisch gleich Null». Zweifelnd auch Funk, Rechtsgutachten, S. 38.104 
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