Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

bürger soll seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und um- fassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und diesen mit seiner Stimme zum Ausdruck bringen können. Die Stimmbürger sollen bei der Bildung ihres Willens weder unter Druck gesetzt noch in unzulässiger Weise beeinflusst werden.122 3.2Einflussnahme durch Behörden Die freie Willensbildung und damit das Abstimmungsergebnis können durch eine unerlaubte Beeinflussung der Willensbildung der Stimmbür- ger durch die Behörden123verfälscht werden. Diese trifft daher die Pflicht zur objektiven und ausgewogenen Information über den Ab- stimmungsgegenstand.124Erlässt eine Behörde amtliche Abstimmungs- informationen, so ist sie gehalten, ihre Rolle fair auszuüben und gleich- sam treuhänderisch auch abweichende und gegnerische Auffassungen objektiv und ausgewogen zur Darstellung zu bringen, soweit dies in ei- ner notwendigerweise kurz und konzise abzufassenden Abstimmungs- erläuterung möglich ist.125Die Behörde hat das Initiativbegehren kor- rekt und fair zu interpretieren, Vor- und Nachteile zu würdigen und die Auffassungen der Initianten wiederzugeben, soweit sie nicht nur margi- nalen Charakter haben (vgl. Art. 15 Abs. 3 Informationsgesetz). Sie darf zu den in der Vorlage aufgeworfenen Ermessungs- und Wertungsfragen mit der gebotenen Zurückhaltung Stellung nehmen und sich auch auf Argumente stützen, die sich nicht oder nicht ohne weiteres durch Tat- 672Bernhard 
Ehrenzeller / Rafael Brägger 122StGH 1993/8, LES 1993, S. 91 (96); StGH 1990/6, LES 1991, S. 133 (135), beide in Anlehnung an das Bundesgericht, vgl. BGE 129 I 185 S. 192; BGE 125 I 441 S. 443. 123Auf Landesebene wird es sich dabei hauptsächlich um die Regierung handeln, vgl. Art. 15 des Gesetzes vom 19. Mai 1999 über die Information der Bevölkerung (In- formationsgesetz, LGBl. 1999 Nr. 159). 124StGH 1993/8, LES 1993, S. 91 (96); Stotter, Verfassung, Art. 29 E 11; Widmer Ste- phan, Wahl- und Abstimmungsfreiheit, Diss. Zürich 1989, S. 178 ff. Die Pflicht der Regierung zur Information vor Abstimmungen ergibt sich aus Art. 15 Informati- onsgesetz. Sie hat das Recht, Abstimmungsempfehlungen abzugeben (Abs. 2), da sie zwar zur Objektivität, nicht aber zur Neutralität verpflichtet ist, vgl. BGE 121 I 252 S. 256; BGE 117 Ia 41 S. 46. Die Abstimmungsempfehlung des Landtages lautet je- weils gleich wie das Abstimmungsergebnis über die entsprechende Vorlage im Par- lament; es gibt keine separate Beschlussfassung über die Abstimmungsempfehlung. 125Stotter, Verfassung, Art. 29 E 9. Vgl. zur Verfassungskonformität amtlicher Abstim- mungsempfehlungen Stotter, Verfassung, Art. 29 E 11, sowie Höfling, Grundrechts- ordnung, S. 158. 76
	        

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