Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

3.Referendum 3.1Begriff und Arten Mit dem Referendum stellt eine bestimmte Anzahl Stimmberechtigte das Begehren, dass in einer Volksabstimmung über die Annahme oder Ab- lehnung einer Vorlage des Landtages entschieden wird. Dabei kann es sich um einen die Verfassung oder ein Gesetz betreffenden Rechtsset- zungsakt, einen Staatsvertrag und u. U. auch um einen Verwaltungsakt handeln.95Je nach dem, ob eine Volksabstimmung von Verfassungs we- gen oder erst auf Verlangen eines Teils der Stimmbürgerschaft oder des Parlaments erfolgt, spricht man von obligatorischem oder fakultativem Referendum. Anders als die Schweiz (Art. 140 BV) kennt die liechtensteinische Rechtsordnung für Verfassungsänderungen 
kein obligatorisches Refe- rendum. Dies gilt auch für Gesetzesbestimmungen sowie für Staatsver- träge und Finanzbeschlüsse.96Volksabstimmungen finden nur statt, wenn dies vom Landtag beschlossen (sog. Landtagsbegehren oder Be- hördenreferendum) oder von einer bestimmten Anzahl Stimmberechtig- ten verlangt wird. Kommt ein Referendum zustande, besteht ein An- spruch auf Durchführung der Volksabstimmung. Der Rückzug eines Referendums ist unzulässig.97 Im Gegensatz zur Volksinitiative kann sich ein Referendumsbe- gehren unter Umständen auch gegen einen Verwaltungsakt richten (sog. Finanzreferendum). Gegenstand der Abstimmung bildet dann ein Aus- gabenbeschluss des Landtages (Art. 66 Abs. 1 LV, Art. 75 Abs. 1 VRG).98 664Bernhard 
Ehrenzeller / Rafael Brägger 95Vgl. Hangartner, Grundzüge Band I, S. 103. Ist die Verfassung oder ein Staatsver- trag Gegenstand des Landtagsbeschlusses, sind die Unterschriften von mindestens 1500, bei Gesetzen und Finanzbeschlüssen von mindestens 1000 Stimmberechtigten erforderlich (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 66bis Abs. 1 LV sowie Art. 75 Abs. 1 und 2 VRG). 96Obligatorische Volksabstimmungen finden seit der Verfassungsrevision von 2003 auch statt im Falle der Uneinigkeit bei der Richter bestellung (Art. 96 Abs. 2 LV), ei- nem Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten (Art. 13ter LV) sowie der Initiative auf Abschaffung der Monarchie (Art. 113 Abs. 1 LV). 97Stotter, Verfassung, Art. 29 E 6; ebenso Art. 59b BPR. 98Dem fakultativen Referendum unterliegt jeder vom Landtag nicht als dringlich er- klärte Finanzbeschluss, sofern er eine einmalige neue Ausgabe von CHF 300000.— oder eine jährliche Neuausgabe von CHF 150000.— verursacht. 
55 56 57
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.