Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

VRG dessen Einhaltung ausdrücklich vorschreiben.53Da die Verfahren der Initiative auf Total- und auf Partialrevision keine Unterschiede aufweisen,54wird dessen Geltung in der Literatur mehrheitlich ver- neint.55 Trotz der identischen Verfahren drängt sich nach der hier vertrete- nen Auffassung bei der Anmeldung einer Volksinitiative auf Teilrevision der Verfassung oder eines Gesetzes die Prüfung des Grundsatzes der Einheit der Materie auf. Art. 29 LV gewährleistet die freie und unver- fälschte Willenskundgabe der Stimmberechtigten; das Abstimmungser- gebnis muss ihren Willen zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringen.56Werden in einer Abstimmungsvorlage mehrere Begehren ohne sachlichen Zusammenhang vermengt, ist dieser Anspruch nicht gewahrt. Die Stimmberechtigten sind gezwungen, eine Frage gesamthaft mit Ja oder Nein zu beantworten, obschon sie zu wichtigen Teilfragen eine an- dere Meinung haben könnten. Dadurch wird nicht nur ihre persönliche Stimmabgabe, sondern auch das institutionelle Ergebnis verfälscht: Der Volkswille ist aus dem Abstimmungsresultat nicht klar ersichtlich. Eine Initiative, die mehrere unter sich nicht zusammenhängende Fragen ver- mischt, darf somit nicht mit dem Hinweis auf das gleich ausgestaltete Verfahren der Totalrevision als Teilrevision zur Abstimmung gebracht werden.655 
Politische Rechte 53Der StGH betrachtet Art. 69 Abs. 5 VRG, wonach das Anbringen von Begehren ganz verschiedener Art in der gleichen Eingabe unzulässig ist, als Grundlage dieses Grundsatzes, vgl. die Gutachten StGH 1986/10 vom 6. Mai 1987, LES 1987, S. 148 (153) und StGH 1964/3 vom 22. Oktober 1964, ELG 1962–1966, S. 222 (224); ebenso BuA Nr. 50/2001, S. 16. Anderer Meinung Winkler, Verfassungsreform, S. 56: Den Hinweisen in diesen Gutachten komme nur die Bedeutung von unver- bindlichen Feststellungen im Sinne von obiter dicta zu. 54Vgl. vorne Rz. 23 ff. 55Batliner, Volksrechte, S. 151 (allerdings mit Vorbehalten); zustimmend Villiger Mark E., Besprechung von Batliner in LJZ 3/1994, S. 131; Winkler, Verfassungsreform, S. 63 ff., sowie VBI 2002/96, LES 2002, S. 207 (217). Leider hat sich der StGH als nach der VBI angerufene Beschwerdeinstanz in seinem Urteil (StGH 2002/67, LES 2005, S. 203) nicht zu dieser Frage geäussert. 56StGH 2004/58 Erw. 2.3; StGH 2002/73, LES 2005, S. 227 (235); StGH 1993/8, LES 1993, S. 91 (96); StGH 1990/6, LES 1991, S. 133 (135). Auch das Bundesgericht lei- tet für die Kantone die Geltung des Grundsatzes der Einheit der Materie aus dem Anspruch auf freie und unverfälschte Willenskundgabe ab, BGE 129 I 366 S. 369; BGE 125 I 227 S. 230.36
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.