Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

2.3Grundrechtsspezifische Differenzierungen Gleichwohl dürfen die zitierten Entscheidungen des Staatsgerichtshofs, deren Formulierungen gelegentlich eine überschiessende Tendenz auf- weisen, nicht so verstanden werden, dass im Grundrechtsbereich nun- mehr keinerlei Differenzierungen zwischen Inländern und Ausländern zulässig sei. Vielmehr wird man grundrechtsspezifisch unterscheiden müssen. Vielfach betrafen und betreffen die Entscheidungen des Staatsge- richtshofs grundrechtliche Verfahrensgarantien und / oder den allgemei- nen Gleichheitssatz. Insoweit besteht am gleichen Grundrechtsstatus von Staatsbürgern und Ausländern keinerlei Zweifel. In einer jüngeren Entscheidung aus dem Jahre 2006 hat der Staatsgerichtshof dies noch einmal in grundsätzlicher Weise festgestellt. Der sich aus Art. 6 Abs. 1 EMRK ableitende Verfahrenshilfeanspruch müsse für alle Personen gleich sein. Eine Diskriminierung nach Staatsbürgerschaft sei unzulässig. Das Nichtgewährleisten von Rechten gegenüber den Staatsbürgern auch jener Staaten, mit denen ein Gegenrecht nicht bestehe, sei insoweit un- zulässig, als durch die EMRK gewährleistete Rechte betroffen seien.39 Der Staatsgerichtshof sieht selbstverständlich, dass «der an sich klare Wortlaut von Art. 31 Abs. 3 LV (‹die Rechte der Ausländer werden zunächst durch die Staatsverträge und in Ermangelung solcher durch das Gegenrecht bestimmt›)» dem befundenen Ergebnis entgegensteht. Doch – so das Gericht – habe diese Bestimmung unter dem Eindruck des liech- tensteinischen Beitritts zur EMRK «ihre Bedeutung jedenfalls hinsicht- lich der durch diese Konvention gewährleisteten Grund- und Men- schenrechte praktisch vollständig verloren».40Die «elementaren Grund- rechtsansprüche gemäss Art. 6 Abs. 1 EMRK» kämen deshalb allen Per- sonen zu, auf welche sich die liechtensteinische Gerichtsbarkeit i. S. v. Art. 1 EMRK erstrecke.41 Und in der Tat: Da zum einen die EMRK-Grundrechte und die Grundrechte der liechtensteinischen Verfassung in ihren sachlichen Ge- währleistungsbereichen zum Teil inhaltsgleich sind und zum anderen die Verletzung der EMRK-Grundrechte wie die Verletzung der verfas- 65 
Träger der Grundrechte 39Siehe StGH 2005/89, Erw. 5.2, LES 2007, S. 411 (413). 40StGH 2005/89, Erw. 6, LES 2007, S. 411 (414). 41StGH 2005/89, Erw. 7, LES 2007, 411 (414).16 
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