Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

bar anzuwenden und sogar alle vor 1992 erlassenen Vorschriften direkt am Geschlechtergleichbehandlungsgebot des Art. 31 Abs. 2 LV zu messen.23 Eine Verletzung des Rechtsverweigerungsverbotes durch den Ge- setzgeber kann auch bei sozialen Grundrechten, das heisst bei Grund- rechten, die das Erbringen von staatlichen Leistungen voraussetzen,24 von Bedeutung sein. Dies dann, wenn der Gesetzgeber die notwendigen einfachgesetzlichen Bestimmungen nicht schafft, so dass die durch das Grundrecht gewährleisteten Ansprüche nicht abgedeckt sind. So hat der Staatsgerichtshof im Zusammenhang mit dem ungeschriebenen Grund- recht auf ein Existenzminimum25festgehalten, dass es in erster Linie dem zuständigen Gemeinwesen obliege, auf Grundlage seiner Gesetzgebung über Art und Umfang der im konkreten Fall gebotenen Leistungen zu bestimmen. Wenn aber das einfache Gesetzesrecht im Ergebnis dem ver- fassungsrechtlichen Minimalanspruch nicht genügt, weil beispielsweise gar keine entsprechenden Gesetze erlassen worden sind, könne ein Mi- nimum staatlicher Leistung unmittelbar gestützt auf das Grundrecht auf Existenzminimum eingeklagt werden.26 5.Verbot der formellen Rechtsverweigerung in der Rechtsanwendung Auszugehen ist vom Grundsatz, dass eine Gerichts- oder Verwaltungs- behörde frist- und formgerecht eingebrachte Vorbringen und Eingaben zu behandeln hat. Eine formelle Rechtsverweigerung liegt dann vor, «wenn ein Anspruch auf ein Verfahren besteht und die Behörde sich wei- gert, dieses [Verfahren] trotz des Begehrens eines Berechtigten an sich zu 600Hugo 
Vogt 23Vgl. StGH 1991/14, Urteil vom 23. März 1993, LES 1993, S. 73 (76). Siehe auch StGH 1994/6, Urteil vom 4. Oktober 1994, LES 1995, S. 16 (19). Vgl. dazu in die- sem Buch auch S. 286 f. Rz. 70 f. 24Für die Schweiz siehe Müller / Schefer, Grundrechte, S. 831. 25Vgl. StGH 2004/48, Urteil vom 21. Februar 2005, S. 22 f. Erw. 2.1 ff., im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>. 26Vgl. StGH 2004/48, Urteil vom 21. Februar 2005, S. 22 f. Erw. 2.1 ff., im Internet abrufbar unter <www.stgh.li>. Für die Schweiz siehe Müller / Schefer, Grundrechte, S. 831 f. 
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