Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

1.Grundrechtsfähigkeit und sog. Grundrechtsmündigkeit Im Blick auf die natürlichen Personen als die wichtigsten Träger der Grundrechte ergeben sich zum Teil schwierige Abgrenzungsprobleme bei der Frage, ob es für die Grundrechtsträgerschaft auf besonders qualifizie- rende Merkmale wie Lebensalter, Geschäftsfähigkeit u. Ä. ankommt. Hier sind allerdings zwei unterschiedliche Diskussionsebenen zu beachten: (1) Zunächst und vor allem geht es um die Fähigkeit, Träger von Grundrechten zu sein 
(Grundrechtsfähigkeit); (2) Ein zweiter Aspekt betrifft die verbreitet so 
bezeichnete Grundrechtsmündigkeit. Diese betrifft lediglich die – nachgeordnete – Frage, ob ein Träger von Grundrechten diese (und gegebenenfalls: wel- che) selbständig auszuüben und geltend zu machen in der Lage ist. Hier spielt die nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Volljährigkeit eine wichtige, nicht aber die allein ausschlaggebende Rolle. Abweichende Re- gelungen gelten etwa für die Religionsmündigkeit.13Verfassungsprozes- sual geht es damit um die Prozessfähigkeit. Konkret bezogen auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Staatsgerichtshof ist die Fä- higkeit thematisiert, die grundrechtlichen Positionen selbst mit Hilfe des Instruments der Verfassungsbeschwerde durchzusetzen, insbesondere die dafür erforderlichen Verfahrenshandlungen vor- und entgegenzu- nehmen.14 Das Thema der 
Grundrechtsfähigkeitumfasst einerseits den Be- ginn der Grundrechtssubjektivität, zum anderen dessen Ende. Was 
den Beginnder Grundrechtsfähigkeit betrifft, erscheint die überaus restrik- tive österreichische Konzeption nicht überzeugend. Sie lässt die Grund- rechtssubjektivität erst mit dem Zeitpunkt der Geburt beginnen.15Der Grundrechtsschutz beginnt keineswegs erst mit der Geburt.16Bereits 60Wolfram 
Höfling 13Siehe hierzu nur Höfling, Grundrechtsordnung, S. 60; Stern, Staatsrecht Band III/1, S. 1064 ff. mit zahlreichen Nachweisen; aus der österreichischen Perspektive etwa Öhlinger, Grundrechte, S. 283; Kucsko-Stadlmayer, Strukturen, Rz. 25; für die Schweiz: Weber-Dürler, Grundrechte, Rz. 13 ff. 14Siehe dazu näher mit weiteren Nachweisen Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 94 f. 15Klassisch insoweit die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zur Abtreibungsproblematik: VfSlg. 7400/1974; aus der Literatur siehe hier nur Kucsko-Stadlmayer, Strukturen, Rz. 24. 16Siehe etwa Hangartner Ivo, Schwangerschaftsabbruch und Sterbehilfe, Zürich 2000, S. 22 ff.; Weber-Dürler, Grundrechte, Rz. 3. 67
	        

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