Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

an, wie umfassend die Begründung sein muss. Generell sind aber bei- spielsweise bei Ermessensentscheidungen die Begründungspflicht und damit der Umfang der Begründung höher.82Es ist deshalb möglich, dass die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleiteten Teilgehalte, nämlich das Recht auf Berücksichtigung bzw. der Anspruch auf Begrün- dung von Entscheidungen, partiell einen über den Art. 43 LV hinausge- henden Grundrechtsschutz bieten können. Im Weiteren ist zu bedenken, dass gemäss der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes der Anspruch auf rechtliches Gehör formeller Natur ist. Eine Verletzung dieses Anspruchs hat zur Folge, dass die angefoch- tene Entscheidung aufgehoben wird, und zwar unabhängig davon, ob die fraglichen verfahrensrechtlichen Mängel einen Einfluss auf das Er- gebnis haben oder nicht. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nur in sehr engen Grenzen «geheilt» werden.83Demgegen- über scheint der Staatsgerichtshof bei einem Verstoss gegen die Begrün- dungspflicht grosszügiger zu verfahren, wenn er festhält, dass eine Rechtsmittelbehörde «das von der unteren Instanz Versäumte nachholen [kann], so dass der Mangel des angefochtenen Entscheides als behoben gilt».84Voraussetzung, damit eine Begründung nachgeholt werden kann, ist, dass die Sache entscheidungsreif ist und sich die beschwerdeführende Partei in der Beschwerdeschrift umfassend zu den Erwägungen der Be- hörde beziehungsweise des Gerichts äussern konnte.85 Daher scheint es, dass es für einen Beschwerdeführer günstiger sein kann, sich auf das aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleitete Recht auf Berücksichtigung bzw. den Anspruch auf Begründung von Entscheidungen als auf die Begründungspflicht des Art. 43 Satz 3 LV zu berufen, sodass dadurch ein weitergehender Grundrechtsschutz erreicht werden kann. Ein solches Ergebnis kann nicht überzeugen. Der Staats- 582Hugo 
Vogt 82Vgl. Grabenwarter, EMRK, § 24 Rz. 66; Frowein / Peukert, EMRK, Art. 6 Rz. 182 ff. Auch nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes gilt, «dass die Anfor- derungen an die Begründungsdichte umso höher sind, je grösser der Handlungs- spielraum einer Behörde und je schwerwiegender der Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen ist». StGH 2005/67, Urteil vom 2. Oktober 2006, S. 14, Erw. 4.1. Vgl. auch Wille T., Verfassungsprozessrecht, S. 367 f. 83Vgl. dazu unten Rz. 31 ff. 84StGH 2001/22, Entscheidung vom 17. September 2001, LES 2004, S. 154 (160). 85Siehe StGH 2001/22, Entscheidung vom 17. September 2001, LES 2004, S. 154 (160). Vgl. dazu auch Wille T., Verfassungsprozessrecht, S. 374. Siehe auch Tobias Wille, S. 551 ff. Rz. 12 ff. in diesem Buch. 
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