Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

dungswesentlichen Punkt eine nachvollziehbare Begründung (gänzlich) fehlt oder wenn eine blosse Scheinbegründung vorliegt.77 Der Anspruch auf eine rechtsgenügliche Begründung gemäss Art. 43 Satz 3 LV ist gegenüber den Teilgehalten des Anspruchs auf rechtli- ches Gehör, des Rechts auf Berücksichtigung78bzw. des Anspruchs auf Begründung von Entscheidungen das speziellere Grundrecht. Der Staatsgerichtshof hat das Recht auf Berücksichtigung bzw. den An- spruch auf Begründung einer Entscheidung bisher denn auch unter der Begründungspflicht des Art. 43 Satz 3 LV abgehandelt. In der Recht- sprechung des Staatsgerichtshofes haben der Teilgehalt «Recht auf Be- rücksichtigung» bzw. der Anspruch auf Begründung einer Entscheidung somit keine eigenständige Bedeutung erlangt.79Der Staatsgerichtshof legt das Recht auf eine rechtsgenügliche Begründung des Art. 43 Satz 3 LV sehr restriktiv aus und versteht dieses lediglich als einen «Minimal- anspruch auf Begründung».80Der Europäische Gerichtshof für Men- schenrechte interpretiert demgegenüber das aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleitete Recht auf Berücksichtigung bzw. das Recht auf eine Begründung dahingehend, dass die Argumente einer Par- tei vom Gericht berücksichtigt werden müssen. Er stellt dabei jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ab.81So kommt es auf das kon- krete Verfahren und die anwendbaren nationalen Rechtsvorstellungen 581 
Anspruch auf rechtliches Gehör 77Vgl. StGH 2005/25, Urteil vom 29. November 2005, S. 28, Erw. 3, noch nicht pu- bliziert. Zum Anspruch auf eine rechtsgenügliche Begründung siehe Tobias Wille, S. 541 ff. in diesem Buch. 78Zum Begriff «Recht auf Berücksichtigung» vgl. StGH 1998/24, Urteil vom 27. Sep- tember 1999, LES 2002, S. 65 (69 f.). Siehe dazu auch Wille T., Verfassungsprozess- recht, S. 340. 79Vgl. dazu StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, LES 2001, S. 163 (179). Siehe auch etwa: StGH 2004/29, Urteil vom 27. September 2004, S. 22 f., publiziert unter <www.stgh.li>. Der Staatsgerichtshof führt dort aus: «Dem [Vorbringen der Be- schwerdeführer] ist entgegenzuhalten, dass die fehlende bzw. nicht genügende Be- rücksichtigung des Beschwerdevorbringens durch das entscheidende Gericht keine – auch nicht indirekte – Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt. Vielmehr liegt allenfalls ein Verstoss gegen die grundrechtliche Begründungspflicht vor, wenn ein wesentliches Beschwerdevorbringen von der entscheidenden Behörde nicht beach- tet wurde». 80StGH 2004/29, Urteil vom 27. September 2004, S. 24, Erw. 3.2, publiziert unter <www.stgh.li>. Vgl. dazu auch Tobias Wille, S. 554 ff. in diesem Buch. 81Vgl. Frowein / Peukert, EMRK, Art. 6 Rz. 182 ff. mit Nachweisen zur Rechtspre- chung des EGMR.23
	        

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