Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

hörde eine Entscheidung in Anspruch nimmt, die ihr kompetenzmässig nicht zusteht, oder umgekehrt, wenn sie eine ihr gesetzlich eingeräumte Entscheidungszuständigkeit ablehnt. Dabei zeigt sich auch eine Überla- gerung mit dem Verbot der formellen Rechtsverweigerung. Eine Rechts- verweigerung begeht eine Behörde nicht nur, wenn sie völlig untätig bleibt, sondern auch, wenn sie nicht im geforderten Masse tätig wird. In der Praxis geht es am häufigsten um die Fälle der fehlenden oder man- gelhaften Abklärung des Sachverhaltes oder der unzulässigen Beschrän- kung der Kognition. Erfolgt eine solche Rechtsverweigerung bzw. wird die Kognition im Rechtsmittelverfahren nicht ausgeschöpft, liegt eben- falls eine Überschneidung mit dem grundrechtlichen Beschwerderecht vor.46Ein eigenes grundrechtliches Verbot der «absichtlichen Verhinde- rung des Zugangs zu einem ordentlichen Gericht» gibt es nicht. Es ginge im Rechtsverweigerungsverbot bzw. im Recht auf den ordentlichen Richter auf.47 2.Begründungspflicht48 Der grundrechtliche Anspruch auf rechtsgenügliche Begründung braucht nicht aus dem Beschwerderecht nach Art. 43 Satz 1 und 2 LV ab- geleitet zu werden. Der Staatsgerichtshof anerkennt die grundrechtliche Begründungspflicht gemäss Art. 43 Satz 3 LV «in einer langjährigen Rechtsprechung als eigenständiges Grundrecht, welches selbständig gel- tend zu machen ist».49Aus diesem Grund stellt das Beschwerderecht keinen zusätzlichen Grundrechtsschutz bereit.50Es gilt, so der Staatsge- richtshof, insbesondere auch zu beachten, dass das Beschwerderecht ge- mäss Art. 43 Satz 1 LV weder die materielle Richtigkeit einer Entschei- dung noch die Qualität ihrer Begründung zum Gegenstand hat.51515 
Beschwerderecht 46StGH 2010/104, Urteil vom 30. November 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 12 f. Erw. 2.1. 47StGH 2009/162, Urteil vom 21. Juni 2010, nicht veröffentlicht, S. 11 f. Erw. 4.1. 48Siehe dazu auch Tobias Wille, S. 541 ff. dieses Buches. 49StGH 2010/8, Urteil vom 21. September 2010, nicht veröffentlicht, S. 17 Erw. 2.1; vgl. auch StGH 2006/28, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.stgh.li>, S. 33 Erw. 6.2. 50StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, LES 2001, S. 163 (179 Erw. 3.2); StGH 2005/67, Urteil vom 2. Oktober 2006, <www.stgh.li>, S. 14 Erw. 4.1. 51StGH 2005/11, Urteil vom 27. September 2005, nicht veröffentlicht, S. 37 Erw. 3.2.1.13
	        

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