Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

ein (ordentliches) Rechtsmittelgericht zu Unrecht nicht auf einen Revi- sionsrekurs eintritt.42Auch hier gewährt neben dem primär in Frage kommenden Beschwerderecht der Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. auf ein faires Verfahren keinen zusätzlichen Grundrechtsschutz. Des- gleichen kann, wenn die Zurückweisung eines Rechtsmittels im Lichte des Art. 43 LV zulässig ist, der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt sein, wenn auf das Vorbringen im zurückgewiesenen Rechtsmit- tel nicht eingegangen wird.43Bei der Frage, ob eine Entscheidung an- fechtbar ist oder nicht, geht es nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes vorrangig um das Recht auf Beschwerdeführung ge- mäss Art. 43 LV. Das Recht auf den ordentlichen Richter sowie der Grundsatz der willkürfreien Behandlung sind insoweit nicht von selb- ständiger Relevanz.44Der sachliche Geltungsbereich des Beschwerde- rechts überschneidet sich zwar mit demjenigen der Garantie des ordent- lichen Richters gemäss Art. 33 Abs. 1 LV, nicht aber mit demjenigen des Anspruches auf rechtliches Gehör bzw. auf ein faires Verfahren.45Art. 33 Abs. 1 LV ist dann verletzt, wenn eine Gerichts- oder Verwaltungsbe- 514Tobias 
Michael Wille gen oder gar über denjenigen des Beschwerderechts hinausgehenden Grundrechts- schutz bieten. Er belässt es vielmehr bei dieser Feststellung. Es fragt sich aber, ob dies tatsächlich auch immer zutrifft. Aus praktischen Überlegungen ist diese Vorge- hensweise durchaus verständlich, denn wenn keine Verletzung des Beschwerde- rechts registriert wird, können nach dieser Rechtsprechung auch die übrigen geltend gemachten Verfahrensgrundrechte nicht verletzt sein. Umgekehrt müssen bei einer Verletzung des Beschwerderechts die anderen Verfahrensgrundrechte nicht mehr zwingend geprüft werden. Meines Erachtens ist diese Praxis dann nicht zu bean- standen, wenn der Staatsgerichtshof begründet, dass sich aufgrund des Sachverhal- tes bzw. der vorgebrachten Rügen die jeweiligen sachlichen Gewährleistungsberei- che dieser Grundrechte decken, oder wenn er darlegt, weshalb gerade der sachliche Gewährleistungsbereich des Beschwerderechts im konkreten Fall im Verhältnis zu den anderen angefochtenen Verfahrensgrundrechten weiter geht. Andere Beispiele aus der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes sind etwa StGH 2010/5, Urteil vom 18. Mai 2010, nicht veröffentlicht, S. 20 Erw. 4; StGH 2010/131, Urteil vom 28. März 2011, nicht veröffentlicht, S. 14 f. Erw. 3.3; StGH 2011/112, Urteil vom 29. November 2011, nicht veröffentlicht, S. 13 Erw. 3. 42StGH 2011/112, Urteil vom 29. November 2011, nicht veröffentlicht, S. 13 Erw. 3. 43StGH 2011/112, Urteil vom 29. November 2011, nicht veröffentlicht, S. 13 Erw. 3. 44StGH 2010/84, Urteil vom 18. Mai 2011, nicht veröffentlicht, S. 8 Erw. 2.1 mit wei- teren Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch StGH 2009/196, Urteil vom 18. Mai 2010, nicht veröffentlicht, S. 12 Erw. 2.2; StGH 2010/5, Urteil vom 18. Mai 2010, nicht veröffentlicht, S. 20 Erw. 4 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; StGH 2010/131, Urteil vom 28. März 2011, nicht veröffentlicht, S. 14 f. Erw. 3.3. 45StGH 2011/49, Urteil vom 30. August 2011, nicht veröffentlicht, S. 7 Erw. 3.3.
	        

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