Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

herigen Rechtsprechung ab und charakterisierte das Legalitätsprinzip im Abgaberecht als «verfassungsmässiges Recht» bzw. als ungeschriebenes Grundrecht, dessen Verletzung selbständig im Individualbeschwerde- verfahren19beim Staatsgerichtshof geltend gemacht werden kann.20Er rechtfertigt diese Judikaturänderung damit, «dass hinsichtlich Ausgestal- tung der Steuerordnung eine grosse Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl von Steuertatbeständen besteht und es von der Natur der Sache her keine hinreichend griffigen Begrenzungen der Steuerlast gibt. Namentlich feh- len hier hinsichtlich der Auswahl der Steuerobjekte und des Steuermas- ses genügend Zweckgesichtspunkte, Kriterien, die der Eingriffsintensität immanente Grenzen setzen.» Dieser Umstand dürfte, so gibt er zu ver- stehen, «mit ein Grund gewesen sein, dass dem Legalitätsprinzip auch nach der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts schon lange die Qualität eines selbständigen verfassungsmässigen Rechts zuge- kommen sei».21Seither ist dies ständige Rechtsprechung.22 3.2Anspruch auf «Freilassung eines Existenzminimums» Auch die «Freilassung eines Existenzminimums» im Steuerrecht gemäss Art. 24 Abs. 1 LV hielt der Staatsgerichtshof anfänglich nicht für ein Grundrecht. Diese Bestimmung ist im III. Hauptstück der Verfassung aufgeführt, das von den Staatsaufgaben handelt. Er argumentierte, dieses Hauptstück enthalte «typischerweise einen Auftrag an den Gesetzgeber und stehe deshalb im Gegensatz zu den als reinen Abwehrrechten for- mulierten klassischen Grundrechten mit ihrem individualschützenden Charakter»,23sodass also diese Vorschrift nicht zum «Katalog der ver- 490Herbert 
Wille 19Zum Individualbeschwerdeverfahren siehe Wille T., Verfassungsprozessrecht, S. 108 ff. 20Vgl. Wille H., Verwaltungsrecht, S. 649 ff.; Vogt, Willkürverbot, S. 354 f.; vgl. auch StGH 2011/13, Urteil vom 1. Juli 2011, nicht veröffentlicht, S. 7 f., Erw. 2; StGH 2010/70, Urteil vom 20. September 2010, nicht veröffentlicht, S. 20 f., Erw. 3.2; StGH 2010/24, Urteil vom 22. Juni 2010, S. 6 f., Erw. 3 (im Internet abrufbar unter <www.gerichtsentscheide.li>); StGH 2007/112, Urteil vom 29. September 2008, nicht veröffentlicht, S. 19, Erw. 4.1. 21Vgl. zur Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts Vallender / Wieder- kehr zu Art. 127 BV, S. 1964 Rz. 10. 22Vgl. nur StGH 2011/13, Urteil vom 1. Juli 2011, nicht veröffentlicht, S. 7 f., Erw. 1. 23StGH 1997/24, Urteil vom 30. Januar 1998, nicht veröffentlicht, S. 8. Siehe auch Wille H., Verwaltungsrecht, S. 624 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen. 5
	        

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