Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Diese Auffassung ist indes weder mit den Vorgaben der Europäi- schen Menschenrechtskonvention vereinbar,49noch ist sie nach Mass- gabe des liechtensteinischen Verfassungs(prozess)rechts geboten. Dabei lässt sich zunächst festhalten, dass die Frage nach der verfassungsrecht- lichen Bindung und der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Organ- handeln des Landesfürsten nicht durch Art. 7 Abs. 2 LV beantwortet wird. Danach untersteht die Person des Landesfürsten nicht der Ge- richtsbarkeit und ist rechtlich nicht verantwortlich.50Diese sog. absolute Immunität gilt nur der Person des Fürsten; sie schützt diesen nur vor persönlicher gerichtlicher und anderer Verfolgung, ändert aber nichts an der uneingeschränkten Einbindung des Fürsten sowohl in die liechten- steinische als auch in die internationale Rechtsordnung.51 Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Men- schenrechte im sog. Fall Wille52ist es unabweisbar, «die Handlungen des Fürsten in der Funktion eines Staatsorgans einer Kontrolle des Staatsge- richtshofs zu unterwerfen, damit der Grundrechtsschutz flächende- ckend gewährt wird».53Im Ergebnis jedenfalls kann an der Grund- rechtsbindung des Fürsten kein Zweifel bestehen.54Deshalb hat der Staatsgerichtshof zu Recht anlässlich einer Beschwerde im Zusammen- hang mit der Abstimmung über den Europäischen Wirtschaftsraum seine Kontrollkompetenz auch über das Organhandeln des Fürsten in 49 
Adressaten der Grundrechte 49Siehe vor allem Urteil des EGMR i. S. Willegegen das Fürstentum Liechtenstein vom 28. Oktober 1999 (Grosse Kammer), LJZ 2000, S. 105 ff. 50So Satz 1 der Vorschrift. Bis zur Verfassungsänderung 2003 war die Person des Fürs- ten «geheiligt und unverletzlich». 51Eingehend hierzu Höfling, Verfassungsbindung S. 22 ff.; ferner auch Batliner, Ver- fassungsstaat, S. 132 f.; siehe auch Bericht und Antrag der Regierung an den Land- tag Nr. 45/2003 (Fn. 16), S. 40. 52Siehe vor allem Urteil des EGMR i. S. Willegegen das Fürstentum Liechtenstein vom 28. Oktober 1999 (Grosse Kammer), LJZ 2000, S. 105 ff.; näher hierzu Höf- ling, Verfassungsbeschwerde, S. 149 ff. 53So zu Recht Kley, Beziehungen, S. 46. 54Näher zu den Möglichkeiten einer verfassungssystematisch-teleologischen Inter- pretation des geltenden Rechts: Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 150 ff.; vgl. auch Winkler, Verfassungsrecht, S. 12, der von der «demokratisch grundgelegte(n) Bindung des Monarchen als Staatsoberhaupt an die Verfassung als Grundgesetz des Staats» spricht.13 14
	        

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