Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

und Rundfunkberichterstattung sachlich erfolgt, damit Vorverurteilun- gen vermieden werden.250 3.2.3Heilung einer Verletzung der Unschuldsvermutung Eine Verletzung der Unschuldsvermutung kann nicht dadurch geheilt werden, dass sich in der Rechtsmittelinstanz die Schuld des Angeklagten herausstellt.251Anders ist nach der Strassburger Rechtsprechung die Sachlage zu beurteilen, wenn Äusserungen gemacht werden, die eine noch nicht verurteilte Person für schuldig erklärt. Dabei ist jeweils der gesamte Zusammenhang zu berücksichtigen. Der Mangel ist etwa dann geheilt, wenn die gleiche Instanz mit hinreichender Deutlichkeit darlegt, dass die betroffene Person nicht verurteilt worden bzw. der Ausgang des Verfahrens offen ist.252Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung stellt noch nicht jeder Verstoss gegen § 172 StPO, wonach die Entschei- dung über den Anklageeinspruch in der Art zu begründen ist, «dass da- durch der Entscheidung des erkennenden Gerichtes in der Hauptsache nicht vorgegriffen wird», eine Grundrechtsverletzung dar.253 3.3«In dubio pro reo»-Grundsatz Mit der Beweiswürdigungs- und Beweislastregel, die aus der Unschulds- vermutung gemäss Art. 6 Abs. 2 EMRK gefolgert wird, steht auch der Grundsatz in dubio pro reo in engem Zusammenhang, auf den sich nur der Angeklagte, nicht aber die Anklage berufen kann.254Der Staatsge- richtshof anerkennt diesen Grundsatz als einfachgesetzlichen unge- schriebenen (Beweis-)Grundsatz und prüft allfällige Verstösse gegen ihn in der Regel nur auf Willkür.255 480Tobias 
Michael Wille 250Siehe Grabenwarter, EMRK, S. 394 Rz. 126. Für Liechtenstein enthält das Medien- gesetz (MedienG) vom 19. Oktober 2005, LGBl. 2005 Nr. 250, entsprechende Nor- mierungen. Siehe im Zusammenhang mit der Unschuldsvermutung insbesondere Art. 35 ff. MedienG. 251Vgl. Müller / Schefer, Grundrechte, S. 991 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR. 252StGH 2006/93, Urteil vom 5. November 2007, nicht veröffentlicht, S. 26 Erw. 2.2. 253StGH 2006/93, Urteil vom 5. November 2007, nicht veröffentlicht, S. 25 f. Erw. 2 ff. 254Siehe für die Schweiz Müller / Schefer, Grundrechte, S. 982, wo der Grundsatz in dubio pro reo einen grundrechtlichen Schutz darstellt. 255StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 1998, S. 283 (286 f. Erw. 4.1 ff.); vgl. dazu auch Vogt, Willkürverbot, S. 416 f. mit Rechtsprechungsnachweisen. Auf- grund des offenkundig engen Zusammenhanges mit der Unschuldsvermutung 
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