Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

sätzlich zu den Kosten des Verfahrens, die er zu tragen hat, auch mit denjenigen des Dolmetschers zu belasten.224 3.Unschuldsvermutung und «nemo-tenetur»-Grundsatz 3.1Allgemeines Die in Art. 6 Abs. 2 EMRK225ausdrücklich verankerte Unschuldsvermu- tung stellt einen elementaren Aspekt eines fairen Verfahrens und ein in al- len Rechtsstaaten anerkanntes Prinzip dar.226Der «nemo-tenetur»- Grundsatz ist dagegen in Art. 6 EMRK nicht explizit normiert. Er zählt aber nach der Rechtsprechung des EGMR, die stets auf den engen Zu- sammenhang mit der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK hinweist, zum Kernbereich eines fairen Verfahrens.227Auch nach der Pra- xis des Staatsgerichtshofes ergibt sich das Recht zu schweigen, um sich als Beschuldigter im Strafprozess nicht selbst belasten zu müssen, aus der Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Abs. 2 EMRK.228In StGH 2010/113 relativiert er indes seine Rechtsprechung. Er führt aus, dass sich das Ver- bot des Zwangs zur Selbstbelastung weder aus der Verfassung noch aus der EMRK explizit ableiten lasse, doch sei der nemo-tenetur-Grundsatz ein unbestrittener Rechtsgrundsatz, der «als Teilgehalt insbesondere des Rechts auf Verteidigung gemäss Art. 33 Abs. 3 LV bzw. des Rechts auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 EMRK qualifiziert» werden müsse.229 3.2Unschuldsvermutung Aufgrund der Unschuldsvermutung ist jeder Mensch als unschuldig zu betrachten, solange er nicht in einem rechtmässig durchgeführten Ver- fahren durch ein rechtskräftiges Urteil für schuldig befunden wurde, ei- 476Tobias 
Michael Wille 224Vgl. Frowein / Peukert, EMRK, S. 263 Rz. 307. 225Auch Art. 14 Abs. 2 UNO-Pakt II garantiert die Unschuldsvermutung. 226Vgl. Müller / Schefer, Grundrechte, S. 981; Frowein / Peukert, S. 246 Rz. 263, und Meyer-Ladewig, S. 175 Rz. 212. 227Siehe Grabenwarter, EMRK, S. 389 Rz. 119; vgl. auch Müller / Schefer, Grund- rechte, S. 984, insbesondere Fn. 29, und StGH 2010/161 und StGH 2011/34, Urteil vom 30. Juni 2011, nicht veröffentlicht, S. 21 Erw. 3.1. 228StGH 1999/23, Entscheidung vom 28. Februar 2000, LES 2003, S. 1 (3 f. Erw. 5), und StGH 2009/100+101+102+103, Urteil vom 2. März 2010, nicht veröffentlicht, S. 32 Erw. 4.1.3; beide unter Bezugnahme auf Villiger, Handbuch EMRK, S. 321 ff. Rz. 502. 229StGH 2010/113, Urteil vom 28. März 2011, nicht veröffentlicht, S. 28 Rz. 6.1. 
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