Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

spruch auf rechtliches Gehör, konkret seinen Prüfungsraster bzw. seine Kognition, präzisiert hat,206ist in dieser Hinsicht auch seine bisherige Rechtsprechung in Strafverfahren, wonach die Abweisung von Beweis - anboten bzw. die Zulässigkeit von Beweisen «nur» im Rahmen des Will- kürverbots geprüft wurde,207als «überholt» anzusehen bzw. entspre- chend anzupassen. Was im Zivilverfahren gilt, muss umso mehr im Straf- verfahren gelten, bei dem es schliesslich um schwerwiegende Eingriffe in die persönliche Freiheit gehen kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes müssen nämlich für die Abweisung eines Bewei- sanbots in Zivilverfahren sachliche, nachvollziehbare Gründe angeführt werden, sodass sich die Prüfung der Konformität der Abweisung von Beweisanboten im Lichte des Anspruchs auf rechtliches Gehör entgegen der früheren Praxis nicht mehr auf eine blosse Willkürprüfung be- schränkt. Werden diese Vorgaben berücksichtigt, ist eine antizipierte Be- weiswürdigung208bzw. eine Ablehnung von Beweisanträgen nicht von vorneherein ausgeschlossen. Insofern steht auch die bisherige Recht- sprechung des Staatsgerichtshofes in Strafverfahren, wonach das ent- scheidende Gericht nicht verpflichtet ist, jedes vorgetragene Beweismit- tel zuzulassen209und aus Art. 33 Abs. 3 LV kein unmittelbarer Anspruch darauf abgeleitet werden kann, dass Beweisanträgen von vorneherein stattzugeben ist,210nach wie vor im Einklang mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Letztlich ist aber nicht zu übersehen, dass diese vom Staatsgerichtshof vorgenommene Präzisierung seiner Kognition bzw. seines Prüfungsrasters bezüglich des Anspruchs auf rechtliches Gehör 473 
Recht auf wirksame Verteidigung 206Siehe dazu den leading case StGH 2007/147, Urteil vom 9. Dezember 2008, <www. stgh.li>, S. 24 ff. Erw. 3.2.4; nunmehr ständige Rechtsprechung des Staatsgerichtsho- fes, siehe StGH 2009/2, Urteil vom 15. September 2009, <www.gerichtsentscheide. li>, S. 25 f. Erw. 2.3; StGH 2010/124, Urteil vom 30. Juni 2011, nicht veröffentlicht, S. 16 f. Erw. 2.1, und StGH 2010/142, Urteil vom 29. März 2011, nicht veröffentlicht, S. 16 Erw. 3.1; vgl. auch Vogt, Rechtsprechung, S. 12 sowie die dortige Fn. 24. 207StGH 1998/28, Entscheidung vom 3. September 1998, nicht veröffentlicht, Erw. 4.1; StGH 2005/85, Urteil vom 3. Juli 2007, <www.stgh.li>, S. 39 f. Erw. 2.2 ff.; StGH 2006/21, Urteil vom 27. März 2007, nicht veröffentlicht, S. 16 Erw. 4.; StGH 2006/105, Urteil vom 2. Juli 2007, nicht veröffentlicht, S. 25 f. Erw. 2.2 ff. 208Zur antizipierten Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Unschuldsvermu- tung siehe hinten Rz. 44. 209StGH 2005/94, Urteil vom 2. Juli 2007, nicht veröffentlicht, S. 16 Erw. 4.1; vgl. auch StGH 1998/28, Entscheidung vom 3. September 1998, nicht veröffentlicht, Erw. 4.1. 210StGH 2006/21, Urteil vom 27. März 2007, nicht veröffentlicht, S. 16 f. Erw. 5.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.