Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

langt, dass Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten186bzw. de- ren Aussagen grundsätzlich im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung187in Anwesenheit des Angeklagten188und gegebenenfalls seines Verteidigers189vorgelegt und kontradiktorisch erörtert werden.190 Das Fragerecht soll es dem Angeklagten ermöglichen, die Beweismittel und insbesondere die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Zweifel zu ziehen. Da die Verwertung eines Zeugenbeweises erst ex post beurteilt werden kann, kommt es bei der Frage, ob ein Fragerecht eingeräumt werden soll, ex ante auf die Verwertbarkeit der Zeugenaussage im Beweisverfahren an.191Wurde kein Fragerecht gewährt, wirken sich Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Bst. d EMRK grundsätzlich wie ein Beweisverbot aus,192das das Fairnessgebot verletzt, wenn die Zeugenaussage gleichwohl verwertet wird.193 Im Grundsatz muss dem Angeklagten in jedem Verfahren das Recht zugestanden werden, die Belastungszeugen194zu befragen. Von diesem 470Tobias 
Michael Wille 186Der Sachverständige ist im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 Bst. d EMRK dem Zeugen gleichgestellt. Grabenwarter, EMRK, S. 386 Rz. 113; siehe zum Sachverständigen- beweis bzw. zum Sachverständigen als Beweismittel im Sinne von Art. 6 EMRK auch StGH 2005/94, Urteil vom 2. Juli 2007, nicht veröffentlicht, S. 16 Erw. 4.1, und StGH 1991/8, Urteil vom 19. Dezember 1991, LES 1992, S. 96 (98 Erw. 5). 187Siehe dazu vorne Rz. 25 ff. 188Siehe dazu vorne Rz. 26 ff. 189Siehe dazu vorne Rz. 26 ff. 190Siehe Grabenwarter, EMRK, S. 386 Rz. 114, und Meyer-Ladewig, EMRK, S. 182 Rz. 244; vgl. aber zur Verlesung von Protokollen über die nicht-kontradiktorische Einvernahme von Zeugen im Strafverfahren, die nicht generell EMRK- bzw. verfas- sungswidrig ist, StGH 2008/124, Urteil vom 30. November 2009, nicht veröffent- licht, S. 46 Erw. 2.2.4. 191Grabenwarter, EMRK, S. 386 Rz. 113. 192Siehe generell und ausführlich zum Beweisverfahren bzw. zur Beweisaufnahme und Verwertung von Beweisen im Lichte von Art. 6 EMRK Meyer-Ladewig, EMRK, S. 156 ff. Rz. 141 ff.; Frowein/Peukert, S. 207 ff. Rz. 165 ff., und Grabenwarter, EMRK, S. 361 ff. Rz. 61 ff. 193Vgl. Grabenwarter, EMRK, S. 385 f. Rz. 113; zu den Ausnahmen siehe Meyer-La- dewig, EMRK, S. 182 Rz. 244; vgl. in diesem Zusammenhang, konkret in Bezug auf die Verwertbarkeit von Zeugenaussageprotokollen, auch StGH 2000/27, Entschei- dung vom 19. Februar 2001, LES 2003, S. 178 (180 f. Erw. 2 ff., insbesondere Erw. 2.3); siehe auch StGH 2010/122+134, Urteil vom 6. Februar 2012, nicht veröffent- licht, S. 140 f. Erw. 2.2.2. 194Der Begriff des Zeugen wird vom EGMR autonom ausgelegt. Er erfasst jede Per- son, deren Aussage wesentlich sein kann, also auch Mitbeschuldigte. Vgl. Meyer- Ladewig, EMRK, S. 182 Rz. 243 mit Rechtsprechungsnachweisen. 36
	        

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