Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

ren Berücksichtigung sich das Rechtshilfeersuchen insgesamt als zu lü- ckenhaft erweisen würde.126Das Recht auf Akteneinsicht gewährt auch keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Beratungsprotokolle von Kolle- gialgerichten, denn das Beratungsgeheimnis soll sicherstellen, dass der einzelne Richter zu einer Sache frei seine Meinung äussern kann. Wenn allerdings über den Inhalt und das Ergebnis einer Beratung Zweifel be- stehen, können ausnahmsweise solche Beratungsprotokolle von Kollegi- algerichten eingesehen werden. Um sich wirksam verteidigen zu kön- nen, braucht der Beschuldigte den Inhalt dieser Beratungsprotokolle je- denfalls nicht zu kennen. Er erhält nämlich in der Urteils- oder Beschlussbegründung von sämtlichen Gründen Kenntnis, die zum ge- fällten Spruch geführt haben.127 Neben dem Recht auf Akteneinsicht garantiert das Recht auf wirk- same Verteidigung auch allgemein, wie oben dargelegt, den Anspruch auf rechtliches Gehör im Strafverfahren.128Das rechtliche Gehör ist das grundlegende Element eines fairen Verfahrens gemäss Art. 6 Abs. 1 EMRK129und gerade im Strafprozess von eminenter Bedeutung.130Es findet seine Begründung einerseits in der Menschenwürde und anderer- seits im Wunsch, eine grössere Richtigkeit der Entscheidung zu gewin- nen, indem Parteien bzw. Beteiligte angehört werden.131Allerdings gilt 460Tobias 
Michael Wille 126StGH 2008/85, Urteil vom 9. Dezember 2008, <www.stgh.li>, S. 21 f. Erw. 3.3; vgl. dazu auch StGH 1996/18, Entscheidung vom 3. April 1998, nicht veröffentlicht, Erw. 3.2, wonach «ein in sich schlüssiges und gemäss Art 10 RHG genügend detail- liertes Rechtshilfeersuchen» als Grundlage für die Rechtshilfegewährung genügt. Siehe auch StGH 2011/183, Urteil vom 26. März 2012, nicht veröffentlicht, S. 79 f. Erw. 6, wonach ein striktes Übersetzungserfordernis für sämtliche Beilagen von Rechtshilfeersuchen deren Behandlung massiv verzögern, wenn nicht verunmög - lichen würde. Zudem dürfe von einem Rechtsanwalt, der ein Rechtshilfemandat an- nehme, erwartet werden, dass er jedenfalls der englischen Sprache mächtig sei. 127StGH 2003/92 und StGH 2003/96, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffent- licht, Erw. 4.2. 128Siehe vorne Rz. 19 ff.; vgl. auch StGH 2003/92 und StGH 2003/96, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffentlicht, Erw. 4.1; ausführlich im Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 3 Bst. d hinten Rz. 34 ff. 129StGH 2007/108, Urteil vom 15. April 2008, <www.stgh.li>, S. 34 f. Erw. 3.1; vgl. auch Ritter, Akteneinsicht, S. 64. 130StGH 2003/92 und StGH 2003/96, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffent- licht, Erw. 3.1. 131StGH 2003/92 und StGH 2003/96, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffent- licht, Erw. 3.1. 22
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.