Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

zweifellos zu entnehmen, dass sich auch juristische Personen des Privat- rechts auf die Garantien des Art. 33 Abs. 3 LV und Art. 6 Abs. 3 EMRK stützen können. Der Staatsgerichtshof prüft nämlich regelmässig Be- schwerden, bei denen juristische Personen des Privatrechts als Be- schwerdeführer bzw. Beschwerdeführerinnen die Verletzung dieser Be- stimmungen geltend machen, auf ihre materielle Berechtigung. Dabei geht er fraglos davon aus, dass sie unter den persönlichen Geltungsbe- reich fallen.21Diese Praxis entspricht jedenfalls auch der Rechtsprechung des EGMR, wonach der Begriff «jede Person» in Art. 6 Abs. 1 EMRK natürliche und juristische Personen, Inländer, Ausländer und Staatenlose einschliesst.22Dem Staat oder öffentlichen Körperschaften stehen hinge- gen die Rechte aus Art. 6 EMRK nicht zu, da nach Art. 34 EMRK nur natürliche Personen, nichtstaatliche Organisationen oder Personenverei- nigungen vom Individualbeschwerderecht Gebrauch machen können. Auch Zeugen, Sachverständige oder Verteidiger können sich in der Re- gel nicht auf Art. 6 EMRK berufen.23Dies gilt nach seinem klaren Wort- laut auch für solche Personen, die ein Strafverfahren gegen Dritte einzu- leiten versuchen, wie beispielsweise den Subsidiarankläger.24 Wer zum Kreis des «Angeschuldigten» oder der «angeklagten Per- son» gehört, führt der Staatsgerichtshof nicht näher aus. Verfahrens- rechtlich hätte er, bevor er ein Beschwerdevorbringen materiell prüft, darzulegen, ob es sich im jeweiligen konkreten Beschwerdefall um einen «Angeschuldigten» bzw. um eine «angeklagte Person» im Sinne von Art. 33 Abs. 3 LV bzw. Art. 6 Abs. 3 EMRK handelt. Vereinzelt hat er in die- ser Hinsicht Stellung genommen. So hat er beispielsweise in StGH 440Tobias 
Michael Wille LES 1981, 41 (43 Erw. 3); siehe auch StGH 2001/26, Entscheidung vom 18. Februar 2002, <www.stgh.li>, S. 17 Erw. 8, StGH 2007/21, Urteil vom 14. Mai 2007, <www. stgh.li>, S. 24 Erw. 4; StGH 2009/107, Urteil vom 1. März 2010, nicht veröffentlicht, S. 15 f. Erw. 1. 21Vgl. StGH 2001/26, Entscheidung vom 18. Februar 2002, <www.stgh.li>, S. 1 und 13 ff. Erw. 2 ff.; StGH 2008/37+88, Urteil vom 29. September 2008, <www.stgh.li>, S. 1 und S. 25 f. Erw. 4 ff.; StGH 2008/85, Urteil vom 9. Dezember 2008, <www. stgh.li>, S. 1 und S. 21 f. Erw. 3.1 ff.; StGH 2010/122+134, Urteil vom 6. Februar 2012, nicht veröffentlicht, S. 139 ff. Erw. 2.1.1 ff. und S. 153 ff. Erw. 3.1 ff.; StGH 2011/44+89, Urteil vom 26. März 2012, nicht veröffentlicht, S. 22 Erw. 2.1. 22Siehe Frowein / Peukert, EMRK, S. 145 Rz. 4 mit Rechtsprechungsnachweisen. 23Vgl. Frowein / Peukert, EMRK, S. 145 f. Rz. 4. 24StGH 2006/17, Urteil vom 6. Februar 2007, nicht veröffentlicht, S. 22 Erw. 2.1. 4
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.