Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Die fürstliche Verordnung vom 7. November 1859 rezipierte das österreichische Strafgesetz vom 27. Mai 1852, das in Liechtenstein am 1. Januar 1860 in Kraft trat. In den Art. IV und IX des dazugehörigen Kundmachungspatentes7werden die beiden Grundsätze «nullum crimen sine lege» und «nulla poena sine lege» kodifiziert. Das Verwaltungsstraf- recht des Landesverwaltungspflegegesetzes vom 21. April 19228erklärt in Art. 139 Abs. 2 die vom Strafgesetz aufgestellten Grundsätze auch für das Verwaltungsstrafrecht generell für anwendbar. Schon § 5 des öster- reichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Juni 1811, das mit fürstlicher Verordnung vom 18. Februar 1812 in Liechtenstein eingeführt wurde, kannte ein Verbot rückwirkender 
Gesetze. II.Normative Grundlagen 1.Verfassungs- und völkerrechtliche Ebene Art. 33 Abs. 2 LV bestimmt, dass Strafen nur in Gemässheit der Gesetze angedroht oder verhängt werden dürfen.9Auch Art. 7 Abs. 1 EMRK10 sieht nach dem Vorbild von Art. 11 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) ein Rückwirkungsverbot sowohl für die Strafbarkeit einer Handlung oder Unterlassung als auch für eine Erhö- hung des Strafmasses vor.11Er bildet mittlerweile eine der wesentlichen 409 
Keine Strafe ohne Gesetz 7Abrufbar unter der Internetadresse <www.llv.li>, Rubriken «Regierung und Ver- waltung» / «Landesarchiv» / «Historische Rechtsquellen». 8LGBl. 1922 Nr. 24. 9Siehe StGH 2003/44, Urteil vom 17. November 2003, <www.stgh.li>, S. 21 Erw. 3.1. Eine ähnliche Verfassungsgewährleistung kennt Art. 103 Abs. 2 GG für Deutsch- land; siehe Höfling, Grundrechtsordnung, S. 233. In der Schweiz galt der Grundsatz «nulla poena sine lege» aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 4 aBV; vgl. beispielsweise BGE 112 Ia 107 E. 3. Art. 32 BV enthält die für das Straf- verfahren geltenden Garantien nicht lückenlos. So fehlt insbesondere der Grundsatz «nulla poena sine lege». Es wird in der Praxis auf Art. 7 EMRK und Art. 15 UNO- Pakt II abgestellt. Vgl. Kiener / Kälin, Grundrechte, S. 473, und Häfelin / Haller / Keller, Bundesstaatsrecht, S. 253 Rz. 864b; vgl. auch Villiger, Handbuch EMRK, S. 338 Rz. 533. Besonders eingehend geregelt ist das strafrechtliche Legalitätsprin- zip in den Art. 22 ff. des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, LGBl. 2002 Nr. 90, Inkrafttreten für Liechtenstein: 1. Juli 2002. 10LGBl. 1982 Nr. 60, Inkrafttreten für Liechtenstein: 8. September 1982. 11Schulze-Fielitz, Art. 103 Abs. 2 GG, Rz. 7.34
	        

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