Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

richtung entspricht der Rechtsprechung des EGMR und letztlich wohl auch seiner eigenen, wonach in Anbetracht der zentralen rechtsstaatli- chen Bedeutung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte eine blosse Willkürprüfung des Anspruchs auf den unbefangenen Rich- ter nicht genügt.319Gerade wegen der fundamentalen Bedeutung des Prinzips der Unbefangenheit vertritt auch der EGMR einen strengen Standpunkt, der es verbietet, Art. 6 Abs. 1 EMRK eng auszulegen. Die- ser schützt nämlich das unabdingbare Vertrauen der Allgemeinheit und der Parteien in die Gerichte, weshalb schon der äussere Anschein von Befangenheit von Belang ist. Danach hat jeder Richter auszuscheiden, wenn vernünftige Gründe einen Mangel an Unbefangenheit befürchten lassen, und zwar unabhängig davon, wie gering dieser Zweifel ist. Ent- scheidend bleibt aber die objektive Betrachtungsweise, d. h. die Frage, ob die Besorgnis der Befangenheit als objektiv begründet angesehen werden kann.320 4.Bekanntgabe der Zusammensetzung des Gerichtes Nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes hat ein Beschwerde- führer grundsätzlich im Lichte des Rechts auf den ordentlichen Richter bzw. unbefangenen Richter Anspruch darauf, dass er einen Ablehnungs- antrag im ordentlichen Instanzenzug stellen kann, wobei «Ablehnungs- anträge letztlich immer nur gegen individuelle Richter gestellt werden können».321Dementsprechend sind die Verfahrensparteien auch in ge- setzeskonformer Weise zu laden bzw. über die Zusammensetzung des 398Tobias 
Michael Wille 05 CG.2010.24, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 5. Dieser Beschluss wurde aller- dings mittlerweile mit Urteil des Staatsgerichtshofes zu StGH 2011/69 wegen Ver- letzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgehoben. 319Siehe dazu schon vorne Rz. 55 f. 320Vgl. Vollkommer, Richter, S. 44 mit Hinweisen auf die EGMR-Rechtsprechung, und Grabenwarter / Pabel, Grundsatz, S. 668 f. Rz. 56; vgl. auch StGH 2009/189, Urteil vom 9. August 2010, nicht veröffentlicht, S. 22 f. Erw. 2; StGH 2009/65, Ur- teil vom 18. Januar 2010, nicht veröffentlicht, S. 13 ff. Erw. 4 unter Bezugnahme auf Kiener, Unabhängigkeit, S. 75; siehe auch StGH 2009/67, Urteil vom 18. Januar 2010, nicht veröffentlicht, S. 14 f. Erw. 2.1.5, und StGH 2009/68, Urteil vom 18. Ja- nuar 2010, nicht veröffentlicht, S. 15 f. Erw. 2.2.6. 321StGH 2011/50, Urteil vom 26. September 2011, nicht veröffentlicht, S. 8 Erw. 3.2; StGH 2011/113, Urteil vom 26. September 2011, nicht veröffentlicht, S. 6 Erw. 2.2. 80
	        

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