sie eine ihr gesetzlich zustehende Angelegenheit ablehne.177Aus dieser Praxis folgt zuweilen, dass der Staatsgerichtshof die beiden Rechtspre- chungsformeln uneinheitlich verwendet oder miteinander verknüpft.178 So hat er beispielsweise in zwei Fällen, in denen es um Nichteintretens- entscheide ging, einmal die «Verfahrensverfügungsformel»179samt An- gabe des Prüfungsrasters und einmal die «Kompetenzformel»180ohne Angabe des Prüfungsrasters angewendet. Es wäre ratsam, wenn der Staatsgerichtshof darlegen würde, ob eine «Verfahrensverfügung», ein «Verfahrensfehler» oder ein «Verfah- rensverstoss» vorliegt und weshalb er welchen Prüfungsraster einsetzt, oder zumindest begründet, weshalb er im konkreten Fall von einem spe- zifischen Prüfungsraster absieht. Ein solches Vorgehen würde auch mit seiner eigenen, auch schon praktizierten Rechtsprechung in Einklang stehen, wonach bei Zuständigkeitsentscheidungen sehr wohl zu diffe- renzieren ist, ob diese frei oder nur auf Willkür überprüft werden.181Zu bedenken ist auch, dass die Wahl der jeweiligen Formel den Prüfungs- massstab bestimmt und eine heterogene Rechtsprechung verhindert werden sollte. Wenn der Staatsgerichtshof vereinzelt bei «gerichtlichen Verfah- rensverfügungen», «Verfahrensfehlern» oder «Verfahrensverstössen» nur festhält, dass ein leichter Eingriff in das Grundrecht auf den ordent- lichen Richter vorliegt, nicht jedoch feststellt, ob dieses Grundrecht 368Tobias
Michael Wille 177Ausführlicher dazu vorne Rz. 32 ff. mit Rechtsprechungsnachweisen. 178Vgl. StGH 2002/60, Entscheidung vom 18. November 2002, nicht veröffentlicht, S. 22 ff. Erw. 2.1 ff.; StGH 2009/96, Urteil vom 25. Oktober 2010, <www.gerichts entscheide.li>, S. 17 f. Erw. 2; StGH 2010/103, Urteil vom 20. Dezember 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 20 f. Erw. 2.1; StGH 2011/10, Urteil vom 29. Au- gust 2011, nicht veröffentlicht, S. 17 Erw. 2.3. 179StGH 2002/60, Entscheidung vom 18. November 2002, nicht veröffentlicht, S. 22 ff. Erw. 2.1 ff. 180StGH 2001/19, Entscheidung vom 17. September 2001, LES 2004, S. 148 (150 Erw. 2.1); in diesem Fall hat der Staatsgerichtshof letztlich eine amtswegige Normenkon- trolle in Bezug auf die Verordnung LGBl. 1999 Nr. 216 durchgeführt und ist zum Schluss gekommen, dass aufgrund der Verfassungswidrigkeit dieser Verordnung so- mit auch die vom Gesetz abweichende Kompetenzregelung für Nichteintretensent- scheide im Asylverfahren entfalle. Somit sei hierfür nicht die Regierung, sondern ge- mäss Art. 25 Abs. 1 Flüchtlingsgesetz das «zuständige Amt», also das Ausländer- und Passamt, zuständig. 181StGH 2000/60, Entscheidung vom 19. Februar 2001, LES 2004, S. 13 (16 f. Erw. 2.1).
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