Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

demnach eine Behörde bzw. eine Beschwerdeinstanz über eine Frage, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen ist, überschreitet sie ihre Ent- scheidungskompetenz und verstösst gegen das Recht auf den ordentli- chen Richter.151 In einem Beschwerdefall, dem ein negativer Kompetenzkonflikt zu Grunde lag, da sich sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Zivil- gerichte für unzuständig erklärt hatten, stellte der Staatsgerichtshof fest, dass die Zivilinstanzen das Recht auf den ordentlichen Richter verletz- ten, weil diese die Behandlung der Klage zu Unrecht abgelehnt hatten.152 Aus Art. 33 Abs. 1 LV ergibt sich demnach als ein Teilgehalt des grundrechtlichen Anspruchs, dass die Gerichte bzw. Verwaltungsbehör- den einerseits keine kompetenzwidrigen Entscheidungen treffen und an- dererseits die ihnen gesetzlich zugewiesenen Entscheidungskompeten- zen auch tatsächlich wahrnehmen.153361 
Recht auf den ordentlichen Richter unzulässiger Kognitionseinschränkung siehe etwa StGH 2004/4, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffentlicht, S. 20 Erw. 2.3. 151StGH 2008/128, Urteil vom 9. Februar 2009, nicht veröffentlicht, S. 18 Erw. 5.1 un- ter Bezugnahme auf StGH 2000/42, Entscheidung vom 19. Februar 2001, LES 2004, 1 (12 Erw. 4.3). 152StGH 2009/47, Urteil vom 30. November 2009, Jus & News 3/2010, S. 371 (392 f. Erw. 2.1 ff.). Weitere Rechtsprechungsbeispiele in: StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, LES 2001, S. 163 (178 f. Erw. 2.3 f.) unter Bezugnahme auf seine Ent- scheidung zu StGH 1988/15, LES 1989, S. 108 (114 Erw. 4.2); siehe auch StGH 2004/73, Urteil vom 10. Mai 2005, nicht veröffentlicht, S. 10 f. Erw. 2.2, und (zu- letzt) StGH 2009/189, Urteil vom 9. August 2010, nicht veröffentlicht, S. 22 f. Erw. 2; zur Frage, ob allein aus der Funktion des Berichterstatters bzw. Referenten ein Ablehnungsgrund abzuleiten ist (Referentensystem in einem Kollegialgericht), siehe weiter hinten Rz. 80; StGH 2006/58+59, Urteil vom 1. September 2006, nicht ver- öffentlicht, S. 27 f. Erw. 5.6 (Zuteilung von Rechtshilfefällen an den Rechtshilfe- richter); StGH 2000/60, Entscheidung vom 19. Februar 2001, LES 2004, S. 13 (17 f. Erw. 4.1 und 4.4, Zuteilung im ordentlichen Strafverfahren); StGH 2008/108, Urteil vom 9. Februar 2009, nicht veröffentlicht, S. 13 Erw. 2.3 (Nichtbehandlung eines Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung). In dieser Entscheidung hat der Staatsgerichtshof allerdings nicht explizit eine Grundrechtsformel zum Recht auf den ordentlichen Richter angegeben. 153Vgl. StGH 1996/41, Urteil vom 27. Juni 1997, LES 1998, S. 181 (184 Erw. 4); aus der jüngeren Spruchpraxis des Staatsgerichtshofes siehe etwa StGH 2009/47, Urteil vom 30. November 2009, Jus & News 3/2010, S. 371 (392 f. Erw. 2.1 ff.); zur Grund- rechtskonkurrenz bzw. zur Überschneidung mit dem (formellen) Rechtsverweige- rungsverbot siehe etwa aus der jüngeren Spruchpraxis StGH 2009/99, Urteil vom 20. Dezember 2010, <www.gerichtsentscheide.li>, S. 14 f. Erw. 3.1, und StGH 2009/160, Urteil vom 21. Juni 2010, nicht veröffentlicht, S. 10 f. Erw. 2.1 ff.34 35
	        

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