Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Das Verbot von Ausnahmegerichten gilt nicht nur für den Bereich der Gerichtsbarkeit, sondern auch für den Bereich der Verwaltung. Dem Gesetzgeber ist es nicht erlaubt, besondere Verwaltungsbehörden einzu- richten, die die Merkmale eines Ausnahmegerichtes aufweisen. Er darf auch den ordentlichen bzw. gesetzlichen Richter nicht in einer Art vor- schreiben, die es der Vollziehung ermöglicht, die Zuständigkeit im Ein- zelfall zu verschieben.116 2.7Sonder- bzw. Spezialgerichte Von den Ausnahmegerichten sind die Sonder- bzw. Spezialgerichte zu unterscheiden. Sie sind für bestimmte, abstrakt umschriebene Sachberei- che zulässig, wenn das formelle Gesetz ihre Zuständigkeit, Organisation und Kompetenzen generell festlegt und sachliche Gründe für deren Ein- setzung bestehen.117Solche Sonder- bzw. Spezialgerichte zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen eine unbegrenzte, nach Gattungsmerkmalen – etwa der Art des Streitgegenstandes – bezeichnete Vielzahl von Rechts- sachen zur Entscheidung zugewiesen ist.118Daher verstossen weder Ar- beitsgerichte, Sozialgerichte oder Jugendgerichte119noch Spezialgerichte mit beschränkter sachlicher Zuständigkeit120gegen das Recht auf den or- dentlichen bzw. gesetzlichen Richter, weil eine auf den Einzelfall bezo- gene Manipulation der Zuständigkeitsordnung unter den vorgegebenen Voraussetzungen ausgeschlossen ist.121355 
Recht auf den ordentlichen Richter 116Siehe für Österreich Berchtold, Recht, S. 714, und vorne Rz. 25 ff. mit Rechtspre- chungsnachweisen; vgl. aber zur Zulässigkeit beweglicher Zuständigkeitsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb der Gerichtsbarkeit Gstöhl, Recht, S. 158 ff.; vgl. dazu auch StGH 1991/15, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 1991, S. 77 (79 Erw. 4.2). 117Vgl. Müller / Schefer, Grundrechte, S. 933, und Kiener, Garantie, Rz. 19; siehe auch Frowein / Peukert, EMRK, S. 221 Rz. 202. 118Berchtold, Recht, S. 714. 119Siehe für Österreich Berchtold, Recht, S. 714. 120Siehe für die Schweiz Kiener, Garantie, Rz. 19 mit Rechtsprechungsnachweisen. 121Vgl. Kiener, Garantie, Rz. 19.27 28
	        

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