Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

vollzog der Staatsgerichtshof dann mit dem Grundsatzurteil StGH 1998/45 vom 22. Februar 1999.6In dieser Entscheidung hat er dem Will- kürverbot den Status eines ungeschriebenen Grundrechts zugesprochen. Er hat diese Rechtsprechung in der Folge ausdrücklich bestätigt.7Die Anerkennung des Willkürverbots als ein ungeschriebenes Grundrecht verdient Zustimmung, da das vergleichsunabhängige Willkürverbot als Minimalstandard der Gerechtigkeit – wie es dem Verständnis des Staats- gerichtshofes entspricht – nicht in Art. 31 Abs. 1 Satz 1 LV verortet wer- den kann und ebenso unzweifelhaft kein anderer geschriebener Verfas- sungsrechtssatz in der liechtensteinischen Verfassung existiert, woraus ein justiziables «verfassungsmässiges Recht» in diesem Umfang abgelei- tet werden könnte.8 Der Staatsgerichtshof hat sich bisher nicht zur Rechtsquelle für das Willkürverbot geäussert. Meines Erachtens handelt es sich beim Will- kürverbot um einen subjektiv-rechtlichen verfassungsgewohnheits- 306Hugo 
Vogt gesetzliche Richter auf einen Rechtsfall zwar einlasse, aber seine Entscheidung auf völlig unhaltbare Motive stütze oder das anzuwendende Recht krass missachte (materielle Rechtsverweigerung). Vgl. dazu Müller Jörg Paul, Grundrechte in der Schweiz. Im Rahmen der Bundesverfassung von 1999, der UNO-Pakte und der EMRK, 3. Aufl., Bern 1999, S. 469 f.; Huber, Sinnzusammenhang, S. 133 ff.; Haef- liger, Schweizer, S. 183 f.; Thürer, Willkürverbot, S. 432 f.; Weber-Dürler, Rechts- gleichheit, Rz. 4 ff.; Rohner, Art. 9 BV, Rz. 12 mit zahlreichen Literaturhinweisen; Aubert, Willkürverbot, Rz. 4 ff.; Uhlmann, Willkürverbot, S. 14 ff. mit zahlreichen Literaturhinweisen. 6Vgl. StGH 1998/45, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 2000, S. 1 (6); ebenfalls ab- gedruckt in: ZBl 1999, S. 586 ff., sowie in: Jus & News 3/1999 S. 243 ff. Vgl. dazu auch Kley, Kommentar, S. 256 ff. 7Vgl. statt vieler: StGH 1998/65, Urteil vom 3. Mai 1999, LES 2000, S. 8 (10 f.); StGH 1999/10, Entscheidung vom 14. Dezember 1999, LES 2002, S. 193 (194); StGH 2000/1, Entscheidung vom 7. Juni 2000, LES 2003, S. 71 (76). Vgl. aus neuerer Zeit statt vieler: StGH 2005/61, Urteil vom 4. April 2006, S. 28, nicht veröffentlicht; StGH 2005/77, Urteil vom 4. Juli 2006, S. 26, nicht veröffentlicht; StGH 2006/27, Urteil vom 2. Oktober 2006, S. 10, nicht veröffentlicht. Vgl. dazu Vogt, Willkürver- bot, S. 352 ff. Als weitere ungeschriebene Grundrechte hat der Staatsgerichtshof das Legalitätsprinzip im Abgabenrecht (vgl. StGH 2000/39, Entscheidung vom 11. Juni 2001, LES 2004, S. 43 [56]) und das Recht auf Existenzsicherung anerkannt (vgl. StGH 2004/48, Urteil vom 21. Februar 2005, S. 22 f. Erw. 2.2 f., im Internet abruf- bar unter <www.stgh.li>). Zur Anerkennung von ungeschriebenen Grundrechten siehe Vogt, Willkürverbot, S. 336 ff. und S. 354 ff. 8Vgl. Vogt, Willkürverbot, S. 347 f. 4
	        

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