Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

In einer anderen Entscheidung erklärte der Staatsgerichtshof auch, dem Gesetzgeber sei durch den allgemeinen Gleichheitssatz in Bezug auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein Gestaltungsauftrag aufge- geben. Bestehende Programmsätze oder Zielbestimmungen, welche die Gleichberechtigung von Mann und Frau festlegen, bedürften aber der Konkretisierung durch den Gesetzgeber und seien im Rahmen der Ver- fassungsgerichtsbarkeit nicht erzwingbar.156 Mit Verfassungsgesetz vom 16. Juni 1992157ist neu Art. 31 Abs. 2 LV in der Verfassung verankert worden. Art. 31 Abs. 2 LV lautet: «Mann und Frau sind gleichberechtigt.»158Diese Bestimmung geht als lex spe- cialis dem allgemeinen Gleichheitsgebot von Art. 31 Abs. 1 Satz 1 vor.159 Das Verhältnis von Art. 3 LV und Art. 31 Abs. 2 LV ist hingegen noch nicht geklärt.160 Das Gleichbehandlungsgebot von Mann und Frau findet sich auch in der schweizerischen Bundesverfassung (Art. 8 Abs. 3 BV)161und im deutschen Grundgesetz (Art. 3 Abs. 2 GG)162. Das österreichische Bun- 284Andreas 
Kley / Hugo Vogt 156Vgl. StGH 1989/9 und StGH 1989/10, Urteil vom 2. November 1989, LES 1990, S. 63 (68). Siehe auch StGH 1990/16, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 1991, S. 81 (83 f.). 157Verfassungsgesetz vom 16. Juni 1992 über die Abänderung der Verfassung vom 5. Oktober 1921, LGBl. 1992 Nr. 81. 158Allerdings heisst es in Ziffer II dieses Gesetzes, dass der Gesetzgeber über die An- passung des geltenden Rechtes bestimme, ohne dass hierzu eine Frist gesetzt wurde. Im Landtag war es sehr umstritten, ob und für welche Dauer eine Frist für die Ge- setzesanpassungen zu setzen sei. Zur Diskussion siehe Landtagsprotokoll vom 16. April 1992; LTP 1992/1, S. 491 ff., sowie Landtagsprotokoll vom 16. Juni 1992, LTP 1992/2, S. 947 ff. 159Vgl. StGH 1991/14, Urteil vom 23. März 1993, LES 1993, S. 73 (75). 160Zur Rangstufe der Hausgesetze in der liechtensteinischen Rechtsordnung vgl. Kley, Grundriss, S. 41 ff.; Winkler Günther, Die Verfassungsreform in Liechtenstein, Wien / New York 2003, S. 276 ff.; Steger Gregor, Fürst und Landtag nach liechten- steinischem Recht, Vaduz 1950, S. 42 ff., 52 ff. 161Art. 8 Abs. 3 BV lautet: «Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.» 162Art. 3 Abs. 2 GG lautet: «Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat för- dert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Män- nern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.» Siehe dazu Oster- loh zu Art. 3 GG, Rz. 222 ff.; Heun zu Art. 3 GG, Rz. 97 ff. Zur Problematik be- treffend das Verhältnis von Art. 3 Abs. 2 GG (Gleichberechtigung von Mann und 
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