Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

sogenannte «public figures» härtere Kritik gefallen lassen als nicht im Rampenlicht stehende Privatpersonen. Als public figures haben neben Politikern auch Journalisten zu gelten, deren Medienbeiträge einer – auch durchaus harten – Kritik unterzogen werden dürfen. Dabei ist irre- levant, ob sich der kritisierte Journalist persönlich betroffen fühlt, so- lange die Kritik primär auf den Medienbeitrag und nicht auf dessen Au- tor zielt und nicht als blosse persönliche Diffamierung zu qualifizieren ist.76Doch auch public figures müssen sich Eingriffe in ihr Privatleben, welche nur die Sensationslust befriedigen, nicht gefallen lassen.77Anders als bei blossen Werturteilen ist es im Lichte der Meinungsfreiheit zuläs- sig, die Straffreiheit von Tatsachenbehauptungen, die den guten Ruf ei- nes Dritten beeinträchtigen, vom Wahrheitsbeweis abhängig zu machen. Werturteile dürfen dagegen nur dann sanktioniert werden, wenn ihnen eine genügende Faktenbasis fehlt.78 Im Weiteren sind Meinungsäusserungen nach dem «Günstigkeits- prinzip» auszulegen; d. h. von mehreren möglichen Auslegungsvarianten ist im Zweifel die für den Grundrechtsträger günstigste der Eingriffs- prüfung zugrunde zu legen.79Denn auch insoweit könnte sich – wie bei einer zu vagen gesetzlichen Grundlage80– ein chilling effect einstellen.81 In diesem Sinne hat der Staatsgerichtshof entschieden, dass Kritik eines Rechtsanwalts am Gericht im Lichte der Meinungsfreiheit im Zweifel «standesregelkonform» auszulegen sei.82 208Hilmar 
Hoch 76Siehe OGH-Urteil v. 3. Mai 2000, LES 2000, 224 (225). 77Siehe Frowein, Meinungsvielfalt, S. 119 mit Verweis auf EuGRZ 2004, 404 ff. («Ca- roline von Hannover»). 78Siehe Grabenwarter, EMRK, S. 278 f. Rz. 26; vgl. auch Frowein, Meinungsvielfalt, S. 119; siehe im Übrigen zum Wahrheitsbeweis § 111 Abs. 3 StGB sowie die ent- sprechende Sondernorm für Medienschaffende in Art. 46 Abs. 1 MedienG, wonach neben dem Wahrheitsbeweis auch der Beweis der gebotenen journalistischen Sorg- falt zugelassen wird; siehe auch vorne Fn. 70. 79Vgl. aber zur teilweise (immer noch) gegenteiligen österreichischen Praxis Windha- ger / Lattacher, Meinungsfreiheit, S. 288 f. Rz. 14/25. 80Siehe vorne Rz. 14. 81Siehe Frowein, Meinungsvielfalt, S. 118 mit Verweis auf BVerfGE, EuGRZ 1977, 109. 82StGH 1994/18, LES 1995, 122 (131 Erw. 2.5). Der Rechtsanwalt hatte zur Verwei- gerung der Akteneinsicht in einer Rechtshilfesache im Rechtsmittelverfahren aus - geführt, dass dies «Aussenstehende zum Schluss kommen lassen könnte, dass hier das Rechtshilfegericht unter Umständen irgendwelche Mängel des ausländischen Rechtshilfeersuchens nicht offenkundig werden lassen möchte». Der Staatsgerichts- 19
	        

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