Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

schaftsgerichtliche Massnahmen aufgrund von Äusserungen, welche die mangelnde Urteilsfähigkeit des Betroffenen indizieren.57 Die Strassburger Rechtsprechung erachtet schliesslich auch die Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK58als Beschränkung der Meinungsfreiheit, während die deutschsprachigen Länder darin eine blosse Ausgestaltung dieses Grundrechts sehen. Beide dogmatischen Ansätze führen letztlich allerdings zum gleichen Ergebnis, da solche gesetzliche Rahmenbedin- gungen jedenfalls der Freiheit und Vielfalt der Meinungsäusserung im Medienbereich dienen sollen.59 3.Gesetzliche Grundlage Gesetzliche Einschränkungen von Grundrechten, insbesondere der Mei- nungsfreiheit, dürfen nicht zu vage formuliert sein. Anderenfalls kann eine Rechtsunsicherheit die Folge sein, welche die Ausübung dieses Grundrechts unzulässig beeinträchtigt (sogenannter chilling effect).60 Aus dem gleichen Grund sind gesetzliche Schranken der Meinungsfrei- heit im Lichte dieses Grundrechts verfassungskonform, somit jedenfalls nicht extensiv auszulegen.61Dies gilt besonders für zivil- und strafrecht- liche Normen zum Schutz der Ehre, da gerade der gezielte Einsatz von Beleidigungsverfahren die freie politische Auseinandersetzung gefähr- den kann.62 Nach einem heute überholten Rechtsverständnis waren im Rah- men von sogenannten besonderen Rechtsverhältnissen Grundrechtsein- 205 
Meinungsfreiheit 57StGH 2007/48 Erw. 5. 58«Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounter- nehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.» Vgl. zu dieser Abweichung von der ansonsten einheitlichen Schrankenregelung von Art. 10 EMRK Grabenwarter, EMRK, S. 274 Rz. 19. 59Siehe Ladeur, Verfassungsfragen, S. 43 f. Ausführlich hierzu hinten Rz. 25 60Frowein, Meinungsfreiheit, S. 118, übersetzt dies mit «vereisende Wirkung»; siehe auch Müller / Schefer, Grundrechte, S. 375 ff. 61StGH 1994/6 («Heinzel»), LES 1995, 23 (26 Erw. 3) mit Verweis auf StGH 1991/8, LES 1992, 96 (98 Erw. 5b); siehe auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 137 f. mit Verweis auf die sogenannte Lüth-Entscheidung BVerfGE 7, 198 (208 f.). 62Frowein, Meinungsvielfalt, S. 118. 
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