Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

III.Normativer Bezugsrahmen 1.Verfassung Art. 37 LV gewährleistet in Abs. 1 jedermann die Glaubens- und Ge - wissensfreiheit. Das heisst, dass sie allen Bewohnern des Landes ohne Rücksicht auf ihre Staatsbürgerschaft zusteht. Dadurch unterscheidet   sie sich von anderen Grundrechten, die nur den liechtensteinischen Staatsan gehörigen zukommen.25Die Gewissensfreiheit, auch wenn sie mit der Glaubensfreiheit verbunden wird, wie dies in den Verfassungen des 19. Jahrhunderts der Fall gewesen ist, ist heute als eigenständiges Grundrecht verbürgt.26 In Art. 37 Abs. 2 2. Halbsatz garantiert die Verfassung den «ande- ren Konfessionen», d. h. den nichtkatholischen Religionsgemeinschaf- ten, die Kultusfreiheit, nämlich «die Betätigung ihres Bekenntnisses und die Abhaltung ihres Gottesdienstes innerhalb der Schranken der Sitt- lichkeit und der öffentlichen Ordnung». In der Verfassungsdiskussion 1921 drängte die römisch-katholische Kirche auf eine Staatsausrichtung in ihrem Sinne.27Sie lehnte die Religi- onsfreiheit und die staatliche Schulhoheit ab und beanspruchte den Vor- rang der kirchlichen vor den weltlichen Gesetzen.28Daraus erklärt sich 175 
Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit 25Vgl. für Österreich Klecatsky Hans R., Die Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Rechtsstellung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, in: Machacek Rudolf / Pahr Willibald / Stadler Gerhard (Hrsg.), 40 Jahre EMRK. Grund- und Freiheitsrechte in Österreich, Bd. II, Kehl etc. 1992, S. 489 (492), und Ermacora Felix, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, Wien 1963, S. 364. 26Vgl. Bethge, Gewissensfreiheit, S. 671, Rz. 10. 27Zur Verfassungskritik der römisch-katholischen Kirche siehe Quaderer Rupert, Der historische Hintergrund der Verfassungsdiskussion von 1921, in: Batliner Gerard (Hrsg.), Die liechtensteinische Verfassung 1921. Elemente der staatlichen Organisa- tion, LPS 21, Vaduz 1994, S. 105 (136 f.); Wille H., Verfassung, S. 108 ff., und ders., Monarchie, S. 166 ff. 28Bischof Georg Schmid von Grüneck stützt sich in seinem Hirtenbrief an die «Bis- tumsangehörigen im Fürstentum Liechtenstein» vom 12. November 1918 (Liechten- steinisches Landesarchiv Präs. 1918/Zl. 29) auf den «Syllabus errorum» Pius’ IX. von 1864, der die Kultus- und Meinungsfreiheit als verwerfliche Irrlehre bezeichnete. So Zippelius Reinhold, Staat und Kirche. Eine Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Aufl., Tübingen 2009, S. 163; vgl. auch Hamel, Gewissensfreiheit,789
	        

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