Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

strebt, die überkommene katholisch geprägte Staats- und Gesellschafts- ordnung zu erhalten und zu sichern. Sie bildete einen Bestandteil der öf- fentlichen Ordnung.21Die Verfassung erklärt in Art. 14 und 15 den Schutz der religiösen Interessen zu einer der Staatsaufgaben und legt Wert auf eine «religiös-sittliche» Bildung der «heranwachsenden Ju- gend», die im Zusammenwirken von Familie, Schule und Kirche zu rea- lisieren ist. In diesem Sinne äussert sich auch das Schulgesetz in Art. 1, wonach die öffentlichen Schulen bestrebt sind, den jungen Menschen nach christlichen Grundsätzen zu erziehen. Dass sich der staatliche Bil- dungsauftrag auf «christliche Grundsätze» stützt, erklärt sich aus der Kulturgeschichte des Landes und ist so zu verstehen, dass die Schule menschliche Haltungen und ethische Prinzipien zu vermitteln versucht, mit anderen Worten die heranwachsende Jugend zu selbständigen und verantwortungsbewussten Menschen erziehen will.22Die Feiertagsrege- lung ist religiös motiviert. Sie ist auf die katholische Religion abge- stimmt.23Auffallend sind auch die weit verzweigten institutionellen Ver- bindungen24zwischen Staat und römisch-katholischer Kirche, die erst nach und nach abgebaut werden. 174Herbert 
Wille 21So äusserte der Landesfürst im Anschluss an seine «landesfürstliche Sanktion» der Verfassung von 1921 u. a. den Wunsch und die Hoffnung, «dass […] aus dem altbe- währten, auch weiter zu pflegenden Zusammenarbeiten von Staat und Kirche unter Gottes Schutz auch auf dem Boden des neuen Staatsgrundgesetzes Meinem Volke und Meinem Lande neues Heil und reicher Segen erblühe». Der Text dieses Schrei- bens vom 2. Oktober 1921 findet sich im Anhang zur Verfassung von 1921. 22Vgl. auch die Schulordnung vom 21. November 1924 für die Elementarschulen des Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1924 Nr. 18, und insbesondere Art. 72 ff. des Schulgesetzes vom 20. September 1929, LGBl. 1929 Nr. 13, sowie Wille H., Verfas- sung, S. 114; vgl. zu vergleichbaren Formulierungen in kantonalen Schulgesetzen Cavelti / Kley, Art. 15 BV, Rz. 14. 23Siehe Art. 19 Abs. 2 LV i. V. m. Art. 18 Abs. 2 Arbeitsgesetz, LGBl. 1967 Nr. 6. Vgl. Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend Neuordnung des Staatskirchen- rechts (Fn. 10), S. 45 f. 24Sie erstreckten sich auf die Gebiete des Zivilstandswesens, des Erziehungs- und Schulwesens (Landesschulrat), des Ehewesens und bestehen heute noch auf kom- munaler Ebene in den Bereichen des Vermögensrechts und der Kirchengutsverwal- tung.
	        

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