Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

mäss Art. 79 Abs. 5 LV dahingehend abgeschwächt, als auf jeden der bei- den Wahlkreise wenigstens zwei Mitglieder entfallen müssen. Mit dieser Regelung soll eine gewisse Verbundenheit des Abgeordneten bzw. des Regierungsrates mit dem entsprechenden Bevölkerungsteil sichergestellt werden.58Die Wohnsitzpflicht der Abgeordneten, aber auch der Regie- rungsräte, stellt einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar und ist hinsichtlich der Verfassung nicht unbedenklich.59 Der Gesetzgeber hat es zudem als zulässig erachtet, durch das Staatspersonalgesetz in die Niederlassungsfreiheit von Staatsangestellten einzugreifen. Demnach kann die Regierung Angestellte verpflichten, in Liechtenstein Wohnsitz zu nehmen, sofern ihre Funktion dies erfor- dert.60 IV.Internationale Übereinkommen Art. 28 LV verfügt über kein direktes Pendant im internationalen Recht; dies nicht zuletzt, da die Niederlassungsfreiheit kein EMRK-Grund- recht ist.61Der Staatsgerichtshof hat aber wiederholt ausgesprochen, dass der Schutz der Rechtsgleichheit auf Ausländer und die juristischen 159 
Niederlassungsfreiheit 58So auch Biaggini, Kommentar, Art. 24 BV, Rz. 9. 59Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler erstellte ein Gutachten zur Frage, ob der Mandats- verlust eines Landtagsabgeordneten aufgrund eines Wohnsitzwechsels in den ande- ren Wahlkreis mit der Verfassung vereinbar sei. Damals war der Mandatsverlust noch nicht eindeutig gesetzlich festgelegt. Er stellte fest, dass der ordentliche Wohn- sitz im Wahlkreis weder eine Voraussetzung für die Wählbarkeit noch für die Auf- nahme in den Wahlvorschlag bzw. in die Wahlliste darstelle. Der Wohnsitzwechsel eines Abgeordneten von einem Wahlkreis in den anderen Wahlkreis sei kein gesetz- licher Mandatsverlust oder Rücktrittstatbestand. Weiter sei die Funktion der Wahl- kreise auf das Wahlverfahren beschränkt und habe darüber hinaus keine Bedeutung (zitiert in LtProt 2007, S. 334). Ein weiteres Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler betonte, dass seine Gutachten auf den Grundprinzipien der Verfassung beruhen würden. Er führte in seinem zweiten Gutachten aus: «Dagegen halte ich die vorgeschlagene Regelung des Mandatsverlustes wegen Verlegung des Wohnsitzes für verfassungs- und menschenrechtswidrig und mit dem Grundprinzip der parla- mentarischen Vertretung des Gesamtvolkes Liechtensteins durch die Abgeordneten des Landtags für unvereinbar» (zitiert in LtProt 2007, S. 379). Das Gesetz wurde dennoch abgeändert. 60Staatspersonalgesetz, LGBl. 2008 Nr. 144, Art. 42. 61StGH 2005/88 Erw. 1.1.35 36
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.