Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

c) Der Staatsgerichtshof hat den Schutzgehalt des Brief- und Schriften- geheimnisses des Art. 32 Abs. 1 LV in manchen Urteilen im Grundrecht der «Privat- und Geheimsphäre» zusammengefasst.28Das erlaubt es, neue und vom eher engen Wortlaut des Art. 32 Abs. 1 LV nicht richtig abgedeckte Tatbestände wie etwa die Telefonüberwachung und E-Mail- Verkehr29ebenfalls einem grundrechtlichen Schutz zuzuführen. Das Grundrecht auf «Privat- und Geheimsphäre gemäss Art. 32 Abs. 1 LV» gebraucht der Staatsgerichtshof aber auch häufig im Zusammenhang mit Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Papieren und Ge- genständen30und Herausgabebeschlüssen31. Es scheint, dass er damit das Hausrecht sowie das Brief- und Schriftgeheimnis zu einem unselbstän- digen Teilaspekt des Art. 32 Abs. 1 LV zusammenfasst, der dann auch noch technologisch neue Phänomene wie etwa die Telefonüberwachung erfasst. Der Sprachgebrauch in den Urteilen ist uneinheitlich, wird aber dadurch gemildert, dass der Staatsgerichtshof die Rüge eines Teilaspekts des Art. 32 Abs. 1 LV stets genügen lässt.32 Überwachungsmassnahmen sind nur bei dringendem Tatverdacht und als ultima ratio und nur aufgrund richterlicher Anordnung zulässig. Nach Beendigung der Massnahmen sind «die verdächtigen Personen und Dritte, deren Postadresse oder Fernmeldeanschluss überwacht worden ist, über Grund, Art und Dauer der Überwachung zu informieren».33 4.Bankgeheimnis als Teil des Art. 32 Abs. 1 LV? Der Staatsgerichtshof hielt in einer Entscheidung aus dem Jahr 1977 fest, dass das Bankgeheimnis im Sinne des damaligen Bankengesetzes «kein 138Marzell 
Beck / Andreas Kley 28StGH 2006/19, Urteil vom 3. Juli 2006, LES 2008, 1 (4 Erw. 2.1). 29So auch Haller, Menschenwürde, Rz. 50; Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV, Rz. 15. 30StGH 2008/85, Urteil vom 9. Dezember 2008, <www.stgh.li>, S. 23 Erw. 5, wo der Gerichtshof feststellt, dass «die Beschlagnahmung von Urkunden einen klaren Ein- griff in die Privat- und Geheimsphäre gemäss Art. 32 Abs. 1 LV» darstelle, oder StGH 2005/26 und StGH 2005/27, Urteil vom 27. September 2005, LES 2007, 84 (86 Erw. 2.2.3); vgl. auch Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV, Rz. 15. 31StGH 2005/26 und StGH 2005/27, Urteil vom 27. September 2005, LES 2007, 84 (86 Erw. 2.2.3). 32Vgl. Anm. 16. 33Haller, Menschenwürde, Rz. 51; Kley, Unverletzlichkeit, Rz. 19; Müller / Schefer, Grundrechte, S. 210 ff.; vgl. im Detail §§ 92–104 StPO, LR 312.0. 
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