Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

widrigen Waffengebrauch eines Exekutivorgans verletzt.47Auch die un- beabsichtigte Tötung fällt in den Schutzbereich.48Sowohl nach der Rechtsprechung des EGMR als auch des österreichischen VfGH kann die Beschwerde gegen eine derartige staatliche Massnahme, wenn sie zum Tode des Betroffenen geführt hat, auch von den Angehörigen erho- ben werden.49 Ausweisungen in Länder, in denen dem Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit der Tod droht, bilden wohl ebenfalls einen Eingriff in das Grundrecht.50 Mit dem Schutz des Lebens sind darüber hinaus einige der umstrit- tensten Fragen der Grundrechtsordnung überhaupt verknüpft: Immer wieder stellt sich im Vergleich von verschiedenen Rechtsordnungen die Frage, ob der Schutz des Lebens auch das ungeborene Leben mitumfasst. Grundsätzlich wird dies zu bejahen sein.51Relativ eindeutig ist aber auch, dass der Staat nicht verpflichtet ist, das ungeborene Leben unter allen Umständen mit den Mitteln des Strafrechts zu schützen. Die Frage ist, ob der Staat den Schwangerschaftsabbruch nicht nur nicht unter Strafe stel- len darf, sondern auch zumindest erlauben, wenn nicht gar sogar in staat- lichen Einrichtungen durchführen lassen darf, ohne gegen das Grund- recht zu verstossen. Nach der Rechtsprechung des EGMR haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung des Zeitpunkts, in welchem das Recht auf Leben beginnt, einen grossen Ermessensspielraum.52Dies bedeutet nun allerdings, dass die Schutzwirkung des Art. 27ter LV diesbezüglich ohne Rückgriff auf Art. 2 EMRK zu ermitteln ist, weil der EGMR hier auf die Rechtsordnung der Mitgliedstaaten verweist. Die schweizerische Fristenlösung «dürfte» nach wohl herrschender Auffassung mit Art. 10 BV in Einklang stehen.53Die österreichische Fristenlösung wird vom österreichischen VfGH als mit Art. 2 EMRK vereinbar betrachtet.54127 
Der Schutz der Menschenwürde und des Rechts auf Leben 47So nach der Judikatur des österreichischen VfGH VfSlg 17.257/2004. 48So die Rechtsprechung des österreichischen VfGH VfSlg 15.046/1997, der Recht- sprechung des EGMR folgend. 49EGMR McCann 17/1994/464/545; VfSlg 16.179/2001. 50Grabenwarter / Pabel, EMRK, S. 149 Rz. 5. In diesem Sinne auch der österreichische VfGH VfSlg 18.436/2008. 51Siehe zu Art. 10 Abs. 1 BV Biaggini, Bundesverfassung, Art. 10 Rz. 9. 52Siehe Grabenwarter / Pabel, EMRK, S. 148 Rz. 3. 53Biaggini, Bundesverfassung, Art. 10 Rz. 9. 54VfSlg 7.400/1974.37 38
	        

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