Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Grund soll im Weiteren zunächst eine Auseinandersetzung mit dem Be- griff der Menschenwürde und seinem Schutzinhalt erfolgen. 2.Begriff der Menschenwürde Der Begriff der Menschenwürde ist keine inhaltslose Leerformel, als welche ihn eine positivistisch geprägte Staatsrechtslehre6mitunter betrachtet. Die Menschenwürde als Rechtsbegriff ist mittlerweile in zahlreichen Rechtsvorschriften verankert.7Auch Art. 1 GG spricht be- kanntlich von der Würde des Menschen, die nach seinem Postulat unan- tastbar ist. Im Gegensatz zum deutschen Grundgesetz ist in Liechten- stein allerdings der Grundrechtscharakter des Schutzes der Menschen- würde unstrittig. Aber auch in Deutschland wird die Menschenwürde als ein Konstitutionsprinzip der Grundrechte gesehen.8 Nach der Botschaft des Bundesrates ist der Schutz der Menschen- würde Kern und Anknüpfungspunkt anderer Grundrechte, umreisst den Gehalt dieser Rechte und bietet eine Richtschnur für deren Ausle- gung und Konkretisierung.9Sie war allerdings nach der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts schon vor ihrer ausdrücklichen Im- plementierung mit der Totalrevision der Bundesverfassung im Jahre 1999 ein impliziter Verfassungsgrundsatz, jedoch kein selbständiges In- dividualrecht.10So folgte der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur aus dem Gebot einer gerechten Entscheidung, sondern auch aus der An- 116Peter 
Bussjäger 6Im Zuge der Beratungen des Österreich-Konvents wurde allerdings Konsens darü- ber erzielt, den Schutz der Menschenwürde als Grundrecht in der österreichischen Bundesverfassung vorzusehen (siehe Bericht des Österreich-Konvents, Teil 3 Er- gebnisse, S. 82). Der entsprechende Formulierungsvorschlag lautete: «(1) Alle Men- schen haben gleiche, unveräusserliche Rechte. Sie zu gewährleisten und zu schützen ist vornehmste Aufgabe des Staates. (2) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.» Der entsprechende Textvorschlag wurde bis heute nicht realisiert. 7Es verwundert vor dem rechtspositivistischen Hintergrund der Entstehungsge- schichte der österreichischen Bundesverfassung nicht, dass diese den Begriff der Menschenwürde nicht kennt. 8Gröschner, Menschenwürde, S. 23. 9Botschaft des Bundesrates, BBl 1997 I S. 140. 10BGE 121 I 372. Dazu näher Mastronardi, Menschenwürde, S. 469; ders., Art. 7 Rz. 1. 89
	        

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