Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Gründe zur Verweigerung führen.»92Die mit diesen verfassungsrechtli- chen Anforderungen einhergehenden Begründungs- bzw. Rechtferti- gungslasten versteht der Staatsgerichtshof funktional als «vorgelagerten Grundrechtsschutz».93 Schliesslich gewinnt die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs seit den 1980er Jahren dadurch freiheitsakzentuierende Konturen, dass den sog. Grundrechtsschranken-Schranken94grössere Bedeutung zugemes- sen wird.95Insoweit rücken zunehmend der Verhältnismässigkeits- grundsatz bzw. das Übermassverbot und die Kerngehaltsgarantie ins Blickfeld der Grundrechtsjudikatur, bei denen es sich – so der Staatsge- richtshof – «um die in der schweizerischen und auch der deutschen Lehre und Rechtsprechung generell anerkannten Prüfungsmaximen für die Beurteilung der Zulässigkeit von Grundrechtseingriffen» handelt.96 Hierauf ist zurückzukommen. 3.Relativierungen des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts in Sonderkonstellationen? 3.1Sonderstatusverhältnisse und polizeiliche Generalklausel als Legitimationstitel für Grundrechtseingriffe? Mit der vorstehend skizzierten Entwicklung der Judikatur des liechten- steinischen Staatsgerichtshofs, die zunehmend eine freiheitsakzentuie- rend-rechtsstaatliche Position erkennen lässt, sind Relativierungen des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts, wie sie in der Vergangenheit gele- gentlich praktiziert worden sind, kaum vereinbar. Derartige Sonderkon- stellationen hat der Staatsgerichtshof zum einen im Blick auf die polizei- liche Generalklausel und zum anderen für sog. besondere Rechtsverhält- nisse anerkannt.97 100Wolfram 
Höfling 92So StGH 2006/44, Erw. 4.3, LES 2008, 11 (17), unter Bezugnahme auf BVerfGE 62, 169. 93StGH 2006/44, Erw. 4.3, LES 2008, 11 (17), unter Bezugnahme auf Bethge Herbert, Der Grundrechtseingriff, in: VVDStRL 57 (1998), 7 (46). 94Zu diesem noch im folgenden Abschnitt IV. 95Siehe hierzu auch Hoch, Schwerpunkte, S. 65 (71 ff.), der zutreffend auch auf die Pa- rallele in der österreichischen Verfassungsjudikatur verweist; ferner Höfling, Grundrechtsordnung des Fürstentums Liechtenstein, Rz. 26. 96So StGH 1989/3, Erw. 2.1, LES 1990, S. 45 (47). 97Zu diesen Sonderkonstellationen Höfling, Grundrechtsordnung, S. 94 ff. 
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