Volltext: Liechtensteiner Sagen neu erzählt

Die Tobelhocker 
Im 17. Jahrhundert wurden in Liechtenstein Hexen verbrannt. 
Männer und Frauen wurden der Hexerei bezichtigt und vor Ge- 
richt gestellt. Die Denunzianten, welche die Hexer und Hexen 
bei der Obrigkeit anzeigten, die sogenannten Brenner, mussten 
nach ihrem Tod ins Lawenatobel und bleiben bis zum Jüngsten 
Gericht. Dort sitzen die Denunzianten an Tischen, die so steinern 
sind, wie ihr Herz es in ihrem Leben war, und der Volksmund 
nennt sie Tobelhocker. Zuerst wurden die Tobelhocker ins Bad- 
tobel verbannt, doch das war den rechtschaffenen TIriesnern zu 
nahe beim Dorf, und ein Kapuziner verbannte sie weiter hinaus 
ins Lawenatobel. 
Die Walpurgisnacht vom 30. April zum 1. Mai ist im Tobel die 
Nacht zum Feiern und auf der Alp Lawena kann man das Treiben 
und Geigenspiel hören. Den Tag sollen die Bewohner des Tobels 
ansonsten mit Jassen verbringen. 
Oftmals trafen Triesner und Triesenberger auf ihrem Heimweg 
Menschen, die in Richtung Tobel gingen, aber keinen Gruss er- 
widerten, und wenn sie zuhause angekommen waren, erfuhren 
sie, dass diese Personen gerade gestorben waren. So ist einmal ei- 
nem Triesner ein Bekannter aus einer Familie begegnet, die schon 
längst nach Amerika ausgewandert war. Einige Tage später kam 
aus Amerika die Nachricht, dass dieser Mann gestorben sei. Auch 
einer Schaanerin, die von Balzers auf dem Heimweg war, traf bei 
der Abzweigung in Richtung Lawena eine Verwandte, die schon 
lange in Amerika lebte. Sie erzählte es zuhause und niemand woll- 
te ihr glauben, bis die Todesmeldung aus Amerika kam. 
Jungfrauen, die ins Tobel verbannt waren, war es erlaubt, an Fron- 
leichnam, dem Herrgottstag, im Welda Bongert Reigen zu tanzen. 
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