Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Die Verfassung der «Vereinigten Staaten von Amerika» von 1787 
Amerika».? Die dreizehn Gründerstaaten versprachen sich «hiermit ein- 
zeln in einen festen Bund der Freundschaft einzutreten; der zu seinem 
Zweck die gemeinsame Verteidigung, Sicherheit und Freiheit, und das 
gegenseitige und allgemeine Wohl haben soll».2 Die «Vereinigten Staa- 
ten» waren selbst kein Staat. Nach der Verfassung lag die Souveränität 
bei den Mitgliedstaaten: «Jeder Staat behält seine Souveränität, Freiheit 
und Unabhängigkeit, und alle Kompetenzen, welche nicht durch die 
Konföderationsartikel ausdrücklich auf die Vereinigten Staaten im Kon- 
gress versammelt übertragen wurden.»^ Auch wenn die Konfódera- 
uonsartikel nicht vollkommen mit der herrschenden Lehre des 18. Jahr- 
hunderts übereinstimmten — sie wichen vom Dogma der Einstimmigkeit 
ab —so waren sie doch dem Geist eines vólkerrechtlichen Bundes souve- 
ráner Staaten treu geblieben.25 
Die semantische Untergrabung des vôlkerrechtlichen Fôderalis- 
musbegriffs begann erst mit der zweiten amerikanischen Union. Inhalt 
und Bedeutung der fôderalen Idee wurden von der Verfassung von 1787 
— dem wohl wichtigsten «Sprechakt» der Geschichte des Föderalismus — 
für immer verändert. Nach einem Jahrzehnt Konfôderation waren die 
«Laster» des alten Bundes offensichtlich geworden. Man suchte nach ei- 
ner «perfekteren Union». Der Verfassungskonvent von Philadelphia 
schlug deshalb einen «konsolidierteren» Bund vor. Dieser Vorschlag 
lóste eine hitzige Debatte über die «bündischen» und «nationalen» Ele- 
mente der Verfassungsstruktur dieser neuen Union aus. Die Gegner der 
neuen Verfassung warfen dem Konvent vor, sein Mandat übertreten zu 
haben. Er sei beauftragt gewesen, «die fóderale Form, in welcher die 
Union ein Bund souveráner Staaten ist, zu wahren». Stattdessen wolle er 
«eine nationale Ordnung errichten, in welcher der Bund als eine Kozso- 
lidierung der Staaten erscheint».26 Die Replik auf diese Anschuldigung 
wird zum Ausgangspunkt eines neuen Fóderalismusverstándnisses. Die 
Befürworter einer stärkeren Konsolidierung nennen sich nämlich, rhe- 
22  Konfóderationsartikel, Artikel I. Die Konföderationsartikel waren zwar schon 1777 
verfasst worden, traten aber erst 1781 mit Ratifizierung der Union durch Maryland 
in Kraft. 
23 Konföderationsartikel, Artikel III. 
24 Konfóderationsartikel, Artikel II. 
25 S. R. Davis (Fn. 1), 75. 
26 J. Madison, Federalist No. 39, in: A. Hamilton, J. Madison & J. Jay, The Federalist 
(Cambridge University Press, 2003), 184 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 
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