Robert Schütze
Die erste verweist auf einen partikularen, die zweite auf einen universa-
len Zweck. In «De l’Esprit des Lois» nennt Montesquieu einen konkre-
ten Zweck für die Gründung von Bundesrepubliken. «Wenn eine Repu-
blik klein ist, dann wird sie durch eine äussere Macht zerstört; wenn sie
gross ist, dann zerstört sie sich durch ein inneres Laster.» Um diesen
«zweifachen Nachteil» wettzumachen, müssen Demokratien versuchen
«alle inneren Vorteile der Republik mit der äusseren Kraft der Monar-
chie» zu verbinden. Die Lósung lag in der Schaffung einer «Bundesre-
publik» (république fédérative). «Diese Herrschaftstorm (forme de gou-
vernement) ist eine Vereinbarung, durch welche sich mehrere politische
Ordnungen vereinen, um Bürger eines grôsseren Staates Zu werden. Es
ist eine Gesellschaft von Gesellschaften, die eine neue bilden [...]» Aus
kleinen Republiken bestehend, hat diese Bundesrepublik «die Güte der
inneren Regierung jeder einzelnen Republik; und nach aussen hat sie,
kraft ihrer Vereinigung, all die Vorteile grosser Monarchien.»!? Die fô-
derierten Staaten würden ihre Souveränität behalten. Es zählt die Ein-
stimmigkeit;!? und im Falle von Meinungsverschiedenheiten kann der
Bund aufgelóst werden.
Ein zweiter — universaler — Zweck für eine Fóderalisierung von
Staaten stammt aus der Feder Kants. Kants Entwurf «Zum Ewigen Frie-
den» argumentiert, dass die Idee eines Völkerrechts nur auf der Grund-
lage einer Fóderation souveráner Staaten verwirklicht werden kann.!?
Die Staatengemeinschaft war noch im Naturzustand stecken geblieben.
Der einzige Ausweg aus dieser traurigen Lage war Frieden mittels eines
Bundesvertrages formal zu stiften. Der zweite Definitivartikel eines sol-
chen Bundesvertrages lautete: «Das Vôlkerrecht soll auf einen Fóderalis-
mus freier Staaten gegründet sein.» Er ist in folgender Weise erklärt:
Völker, als Staaten, können wie einzelne Menschen beurteilt wer-
den, die sich in ihrem Naturzustande (d.i. in der Unabhängigkeit
17 C. de Montesquieu, De L’Esprit des Lois — Livre IX, Chapitre I (Société les Belles
Lettres, 1955), 5-7.
18 C.de Montesquieu, Oeuvres Completes (Gallimard, 1949), 1005: «[Clomme chaque
partie a conservé la souveraineté, il peut étre fort bien établi que toutes les résolu-
tions, pour étre exécutés, soient unanimes». In diesem Punkt war die Endfassung
des «De l'Esprit des Lois» vorsichtiger, siehe: C. de Montesquieu, De L'Esprit des
Lois (Fn. 17), 8.
19 LKant, Zum Ewigen Frieden, in: I. Kant: Werke in zwôlf Bänden — Band 11 (Suhr-
kamp, 1977), 195 ff.
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