Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Förderale Verfassungsräume und -kulturen in historischer Perspektive 
schen Bundesstaates mit der europäischen Integration, so drängen sich 
vor allem zwei Themenbereiche auf: einerseits die intensivere Zusam- 
menarbeit einer Gruppe von Mitgliedern, also die Frage, wie diese Zu- 
sammenarbeit organisiert werden kann, ohne den Interessen der Ge- 
meinschaft und der anderen Mitglieder Schaden zuzufügen; andererseits, 
die Formen der Zusammenarbeit und deren Folgen für die Rechtsord- 
nungen der Mitglieder. 
Das föderale System der Schweiz und die Europäischen Gemein- 
schaften kennen das Problem der «zwei Geschwindigkeiten». Dieses 
entsteht, wenn der Wunsch nach weiterer Integration oder vertiefter Zu- 
sammenarbeit in bestimmten Sachbereichen unter den Mitgliedern ver- 
schieden gross ist. In der Schweiz des 19. Jahrhunderts und im moder- 
nen Europa ist das Vorgehen dabei ähnlich: Kantone oder Staaten, die 
eine weitergehende Integration wünschen, gehen voran, indem sie neue 
Regelungen auf völkerrechtlicher Grundlage schaffen. Die Regelungen 
sind für die dissentierenden Partner nicht bindend, denen ein Beitritt je- 
derzeit offen steht. Zugleich bestehen Normen, die diese vertiefte Zu- 
sammenarbeit einschränken und regeln, damit der grosse Verbund kei- 
nen Schaden nehme. Insbesondere darf die Zusammenarbeit bestehende 
Verpflichtungen, die Rechte der Gemeinschaft und die Rechte der übri- 
gen Mitglieder nicht verletzen. Einschlägige Regelungen finden sich in 
der Mediationsakte, im Bundesvertrag, in der Bundesverfassung von 
1848. Sie entsprechen den Vorschriften über die Verstärkte Zusammen- 
arbeit des europäischen Rechts.” In der Schweiz und in Europa ist die 
verstärkte Zusammenarbeit einer Gruppe von Mitgliedern erfolgreich; 
sie stösst allerdings an jene räumlichen und inhaltlichen Grenzen, die die 
fehlende Zustimmung und Mitarbeit der übrigen Mitglieder setzt. 
Konkordate dienen in der Schweiz des 19. Jahrhunderts der Rege- 
lung von Sachbereichen, in denen die Zusammenarbeit wünschenswert 
oder notwendig war, ohne dass hierfür einschlägige Kompetenzen auf 
Bundesebene bestanden. Auffallend ist, dass diese nicht nur Bereiche des 
Handels- und Wirtschaftsrechts betreffen. Die Kantone reagierten da- 
77 Art. 326 ff. (Titel III: Verstärkte Zusammenarbeit) Vertrag über die Arbeitsweise der 
Europäisch Union, konsolidierte Fassung, Amtsblatt der Europäischen Union vom 
9. Mai 2008, C 115/47; zuvor Art. 20 Vertrag über die Europäische Union, konsoli- 
dierte Fassung, Amtblatt vom 9. Mai 2008, C 115/13 
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