Ulrich Zelger
schliesslich eine Reihe von Konkordaten zu Fragen des Ehe- und Fami-
lienrechts, auf die weiter unten kurz einzugehen ist. Auch die Bundes-
verfassung von 1848 regelte, wie schon der Bundesvertrag, die weitere
Geltung der Konkordate, soweit und solange diese dem neuen Bundes-
recht nicht widersprächen.®
C. Kompetenzerweiterungen durch Beschlüsse der Tagsatzung
In Einzelfällen dehnten die Kantone die Bundeskompetenzen freiwillig
aus. Bekanntes Beispiel ist das Presse- und Fremdenkonklusum von
1823, welches die Tagsatzung ermächtigt, die Einhaltung der darin ent-
haltenden Verpflichtungen durch die Kantone zu überwachen.“
D. Beispiel: Konkordate und Bundeskompetenzen
im Bereich des Ehe- und Familienrechts
1. Konkordate
Ehe- und familienrechtliche Regelungen, und damit Bereiche eines
Rechtsgebiet, von dem noch heute gilt, es sei in besonderem Masse kul-
turell und damit órtlich verwurzelt, sind ein wichtiger Regelungsbereich
in interkantonalen Konkordaten. Mit deren Abschluss verwalteten
die Kantone die zunehmende Mobilität der Bevölkerung, die durch das
Niederlassungskonkordat zwischen den Konkordatskantonen erleich-
tert wurde. Im Eherecht sind dabei drei Themenbereiche von besonde-
rer Bedeutung: die Voraussetzungen und Verfahrensfragen bei Ehe-
schliessung und Scheidungen, die mehrere Kantone berührten; im Be-
reich des Ehefolgenrechts das Bürgerrecht der Ehefrau und schliesslich,
besonders umstritten, die inter-konfessionelle Ehe. Die Voraussetzun-
gen zur Eheschliessung fanden ihre Regelungen im Konkordat vom
63 Art. 6 der Übergansbestimmungen; dazu Kley, Andreas, Bundeskompetenzen mit
ursprünglich derogatorischer Wirkung aus historischer Perspektive, in: recht 1999,
S. 189 ff., hier S. 190 f.
64 Massregeln in Hinsicht auf den Missbrauch der Druckerpresse und auf die Frem-
denpolizei vom 14. Juli 1823 (bestitigt am 6. Juli 1824), Kaiser (Hrsg)., Amtliche
Sammlung (wie FN 41), S. 571.
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