Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Förderale Verfassungsräume und -kulturen in historischer Perspektive 
drücklich die Einrichtung eines zur Aussenvertretung befugten Or- 
gans.?! Dem leisten die Eidgenossen durch die Wahl der Diplomatischen 
Kommission Folge. Auch nach den Vorschriften des Bundesvertrags war 
die Kompetenz der Kantone, mit anderen Staaten. Abkommen zu 
schliessen, auf bestimmte Bereiche beschränkt. Die Tagsatzung war al- 
lein zuständig für Kriegserklärungen, Friedensschlüsse, Bündnisse und 
Handelsverträge mit auswártigen Staaten.? In Bereichen, in denen sie 
vom Bundesvertrag nicht ausdrücklich dazu ermächtigt wurde, schloss 
die Tagsatzung, anknüpfend an die Rechtslage der Mediationszeit, aus- 
serdem Vertráge im Namen der Kantone. Verträge über ökonomische 
und Polizeiangelegenheiten und Militärkapitulationen konnten von den 
Kantonen abgeschlossen werden; vor der Ratifikation waren sie aller- 
dings der Tagsatzung zu Überprüfung vorzulegen, da der Bundesvertrag 
Abkommen zum Nachteil anderer Kantone oder der Eidgenossenschaft 
verbot.?* Lediglich für rein ökonomische Verträge ohne politische Kom- 
ponenten war eine nachtrágliche Anzeige an die Tagsatzung erlaubt. 
Folgerichtig sprach Henke schon 1824 den Kantonen nur eine be- 
schränkte vôlkerrechtliche Souveránitát zu; ihre Grenzen fand diese in 
den Bestimmungen des Bundesvertrags. 
21 Kley, Andreas, Verfassungsgeschichte der Neuzeit, Grossbritannien, die USA, 
Frankreich, Deutschland und die Schweiz, 2. Aufl. Bern 2008, S. 217; vgl. dazu 
Henke, Eduard, Oeffentliches Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft und 
der Kantone der Schweiz, Nebst Grundzügen der allgemeinen Staatsrechts, Aarau 
1824, S. 177 £., der schon 1824 die Eidgenossenschaft zwischen Bundesstaat und 
Staatenbund ansiedelte; vgl. auch Bluntschli, Bundesstaatsrecht (wie FN 19), S. 484. 
22 Siehe $ 8 Bundesvertrag; vgl. auch Henke, Recht (wie FN 21), S. 273 ff. 
23  Z.B. über die Freizügigkeit, die Niederlassung, die Auslieferung oder Grenzberei- 
nigung; vgl. His, Eduard: Geschichte des neueren Schweizerischen Staatsrechts, 
Band 2: Die Zeit der Restauration und der Regeneration 1814 bis 1848, Basel 1929, 
$. 171. 
24 . Zur vólkerrechtlichen Stellung der Kantone Henke, Recht (wie FN 21), S. 278 ff. 
25 Siehe $ 8 Bundesvertrag (wie FN19); Details: Organische Vorschrift, betreffend die 
Unterhandlungen Einzelner Stinde mit auswärtigen Mächten, Vom 22. Juli 1819 
(Offizielle Sammlung der das Schweizerische Staatsrechte betreffenden Aktenstü- 
cke, der in Kraft stehenden Eidgenössischen Beschlüsse, Verordnungen und Con- 
cordate, und der zwischen der Eidgenossenschaft und den benachbarten Staaten ab- 
geschlossenen besonderen Verträge, 3 Bände, Zürich 1820-1849, hier Bd. I, S. 228 
ff.); die Tagsatzung überprüfte, ob die Verträge gegen den «Bundesverein», beste- 
hende Bündnisse oder verfassungsässige Rechte anderer Kantone verstiessen; zur 
aussenpolitschen Kompetenz der Kantone Henke, Recht (wie FN 21), 5. 349 f. 
26 Henke, Recht (wie FN 21), S. 278. 
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