Peter Geiger
der napoleonischen Zeit, dank völkerrechtlicher Absicherung bis zur
höchsten Stufe der UNO (1990).
IV. Fazit zu kleinen Staaten
Kommen wir zu einem Fazit zu kleinen Staaten. Ich möchte sechs allge-
meine, gewiss diskutable Feststellungen treffen.
1. Geschichtlich gab und gibt es günstige und ungünstige Zeiten für
kleine Staaten und Gemeinwesen.
2. Der Deutsche Bund erwies sich als kleinstaatenfreundlich. Jenes
halbe Jahrhundert von 1815 bis 1866 war für die Staaten und Be-
völkerungen des Bundes eine lange Friedenszeit für ein halbes Jahr-
hundert. Man möchte folgern: Die viel beklagte Schwäche des
Deutschen Bundes diente dem Frieden.
3. Nationalstaaten kann man als zentralistisch und kleinstaatenfeind-
lich charakterisieren. Sie tendieren zu nationaler Einheit und
Stärke. Wenn sich Nationalismus dazu gesellt, gefährden sie den
Frieden. Föderalismus mindert solche Gefahr.
4. Bezüglich der Einzelstaaten zeigten die Revolution von 1848 und
die Paulskirche - und zeigt analog die Europäische Union - einige
Dilemmata, nämlich zwischen angestrebter Einheitlichkeit und ge-
wachsener Vielfalt, zwischen moderner Effizienz und vielgestalti-
gem Eigenleben, bei Kleinen zwischen Leichtgewicht und über-
proportionaler Repräsentation.
5. In der Weltfriedensorganisation des Vôlkerbundes waren die «états
nains», die Zwergstaaten, nicht willkommen. Liechtensteins Ersu-
chen um Aufnahme als Mitglied wurde 1920 abgewiesen, einzig die
Schweiz befürwortete es. Die Nachfolgeorganisation, die UNO,
heisst indes auch kleine und kleinste Staaten vorab seit 1989, dem
Ende des Kalten Krieges, willkommen, so auch Liechtenstein.
6. Autonomiestreben, insbesondere kleiner Gemeinschaften, ist
schliesslich eine weltweite Tendenz und im wahrsten Sinne brand-
aktuell.
49 Siche David Beattie, Liechtenstein — A Modern History, Triesen 2004 (in deutscher
Übersetzung: Liechtenstein — Geschichte & Gegenwart, 2005).
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