Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Peter Geiger 
wir uns passiv am Schlepptau der Ereignisse uns durch diese früher 
oder später mediatisiren lassen? 
Es ist mit Gewissheit anzunehmen, dass die Auslagen für die 
Centralgewalt in der nächsten Zukunft sehr bedeutend sein wer- 
den. ... In Betracht der Verháltnisse, wie sie jezt sind, bin ich sicher, 
dass wir diese Steuern nicht leisten werden kónnen. 
Wird da der Fürst nachhelfen? Ich bezweifle sehr dass er gewillt 
sein wird für ein Ding von so ephemerer Existens, wie unsere Selb- 
stándigkeit sein wird, so bedeutende Opfer zu bringen. ... 
Schliessen wir uns an Osterreich so kónnte es scheinen, dass wir in 
Bezug auf Zahlen aus der Bratpfanne in die Gluth springen und 
dennoch bleibt uns bei unserm Mangel an Stoff und Kraft zur Bil- 
dung eines Staates, wie ihn die neuern Verháltnisse wollen keine 
andere Wahl übrig.»5 
In die selbe Richtung, wenn auch in anderer Gemüts- und Interessen- 
lage, gingen im Sommer 1849 die Gedanken eines jungen Liechtenstei- 
ners, des 18-jährigen Leutnants Peter Rheinberger aus Liechtenstein. Er 
weilte in Heidelberg und hatte eine militärische Karriere im Auge. Er 
schrieb am 1. August 1849 an seine Eltern in Vaduz, es gehe das Gerücht, 
dass die Hohenzollern-Fürstentümer Sigmaringen und Hechingen mit 
Preussen verschmolzen würden — was alsbald geschah — und er fügte an: 
«Was wird aus Liechtenstein werden? Sehr erwünscht wäre es mir, 
wenn auch wir zu einem grösseren Staate gestossen würden; wa- 
rum werdet ihr leicht einsehen.»* 
Bekanntlich geschah solches nicht. Denn die Paulskirchen-Reichsverfas- 
sung von 1849, die zwar von 28 Staatsregierungen des Deutschen Bun- 
des anerkannt wurde, erhielt kein Leben, wegen des preussisch-österrei- 
chischen Machtkonflikts." Der Deutsche Bund bestand noch eineinhalb 
Jahrzehnte weiter bis 1866. Im Deutschen Kaiserreich von 1871 lebten 
45 Karl Schidler in Frankfurt an Landesverweser Michael Menzinger in Vaduz, 
9. März 1849, LLA RC 100/4. — Faksimile-Wiedergabe und Transkription des Brie- 
fes von Karl Schädler vom 9. März 1849 bei Geiger, Geschichte, S. 148-150. 
46 Brief von Peter Rheinberger in Heiderlberg an seine Eltern in Vaduz, 1. Aug. 1849, 
Archiv der Familie Rheinberger, Vaduz, H 3. 
47 Geiger, Geschichte, S. 151-155. 
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