Peter Geiger
rung, Volksvertretung und Regierung (Dynastie) des kleinen Staates.
Dies entsprach übrigens, was das Volk betraf, genau der Haltung, wie sie
Peter Kaiser im März 1848 im Entwurf der liechtensteinischen Revolu-
tionsausschüsse zu einer Adresse an den Fürsten zum Ausdruck ge-
bracht hatte, nämlich
«...dass wir nie gegen unsern Willen uns vertauschen oder verschie-
ben lassen oder irgend einem andern Wechsel uns unterziehen».??
Schliesslich wurde 1849 die Reichsverfassung als Ganzes beschlossen,
wenn auch dann nicht umgesetzt. Darin war die Reprásentation Liech-
tensteins — und analog anderer kleiner Staaten — im Reichstag in Volks-
haus und Staatenhaus wie folgt fixiert. Im 192-kópfigen Staatenhaus er-
hielte Liechtenstein einen Vertreter (was zur vergleichenden Bemerkung
reizt, dass Liechtenstein heute (2009) in der 193-kôpfigen UNO-Gene-
ralversammlung sitzt). Für das Volkshaus aber wiesen die Paulskirchen-
Abgeordneten für die Reichsverfassung Liechtenstein einem Wahlkreis
von 100 000 Seelen zu. Das hiess, Liechtenstein, damals rund 7000 Ein-
wohner stark, würde mit 93 000 ósterreichischen Nachbarn zusammen
einen Volkshaus- Abgeordneten stellen kónnen. Was bedeutete, dass bei
einem Einfluss von 7:93 kaum je ein Liechtensteiner im Volkshaus des
Reichstages sásse. Ein Antrag von Karl Schàdler auf einen eigenen liech-
tensteinischen Volkshaus-Abgeordneten war am 2. März 1849 kurz dis-
kutiert worden. Der Oldenburger Abgeordnete Maximilian Heinrich
Rüder kritisierte das liechtensteinische Begehren als unbegründet und
«particularistisch». Zwar anerkannte er, Liechtenstein bleibe «ein selb-
ständiger Staat», aber die angestrebte, krass überproportionale Reprä-
sentation lehnte er ab. Rüder sah in einem eigenen liechtensteinischen
Wahlkreis von nur 7000 Einwohnern, der einen Volkshaus-Abgeordne-
ten in den Reichstag wählen dürfte, gegenüber ordentlichen Wahlkreisen
von jeweils 100 000 Seelen
«ein Missverhältnis, das ganz klar in die Augen springen sollte.»*
Zwar sprach sich noch der Abgeordnete Friedrich Ludwig Jahn aus
Freyburg (Sachsen-Anhalt) für das liechtensteinische Anliegen aus.“!
39 LLA Schà U 265, fol. 3. — Zit. bei Geiger, Geschichte, S. 140.
40 Verhandlungen Nationalversammlung, Bd. 7, S. 5549, 2. März 1849.
41 Ebenda, Bd. 7, S. 5550, 2. März 1849.
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