Giovanni Biaggini
etwa mangelnde Transparenz, unklare Verantwortlichkeiten?* und Rei-
bungsverluste unterschiedlichster Art. Die grosse Sorge aber bildet die
Gewihrleistung eines sachgerechten, ordnungsgemássen und gleichmäs-
sigen Vollzugs. Die Erreichung dieser Zielsetzung ist bekanntlich im mo-
dernen Verwaltungsstaat generell schwierig (Stichwort «Vollzugskrise»).
Unter den Bedingungen des indirekten Vollzugs gilt dies noch vermehrt.
Zu Recht wird gesagt: Eine Gesetzgebung «ist nur so einheitlich
wie ihre Anwendung» 25 Wenn es nun aber in fóderalen Ordnungen er-
fahrungsgemiss nicht einfach ist, einen einigermassen einheitlichen Voll-
zug zu gewährleisten: Wozu soll man die Mühen der bundesstaatlichen
Vereinheitlichung oder Harmonisierung der Gesetzgebung auf sich neh-
men? Hinter der hier angesprochenen Sorge steht ein fóderalismustypi-
sches Grundproblem: Die Bundesebene (Gesetzgeber) und die mit dem
Vollzug betraute gliedstaatliche Ebene (mit der verwaltungsmässig um-
setzenden Verwaltung) stehen zwar in einem gewissen Über- und Un-
terordnungsverhältnis zueinander. Im. «vollzugsfóderalistischen». Mo-
dell der Verwaltungsrechtsverwirklichung sind die Einwirkungsmóg-
lichkeiten des Bundes jedoch begrenzt. Es gibt keine straff hierarchische
Beziehung, wie sie innerhalb von (Zentral-)Verwaltungen üblich ist.?9
Insoweit besteht ein grosser Unterschied zum Modus des direkten Ver-
waltungsvollzugs (Eigenvollzug) bzw. zum Verwaltungsvollzug in ei-
nem Einheitsstaat. Das herkömmliche Instrumentarium der hierar-
chischen Steuerung und Kontrolle steht beim indirekten Verwaltungs-
vollzug gewöhnlich nicht oder doch nur in reduziertem Masse zur Ver-
fügung.” Vereinfacht ausgedrückt: Es greift nicht die Dienstaufsicht,
24 Ein Beispiel, das in jüngerer Zeit die Schweiz mehrfach bewegt hat, ist die Kontrolle
jener Mitarbeiter kantonaler Nachrichtendienste, die im Auftrag des Bundes tätig
sind (vgl. Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur
Wahrung der inneren Sicherheit, BWIS).
25 So Jean-François Aubert, in : ders et al. (Hrsg.), Kommentar zur Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich / Basel/ Bern 1987, Geschichuiche
Einführung, Rz. 201.
26 Zur Bedeutung des Hierarchieprinzips vgl. Horst Dreier, Hierarchische Verwaltung
im demokratischen Staat, Tübingen 1991; Pierre Moor, Droit administrauf, Vol. III,
Bern 1992, Ch. 1.2.1.
27 . Vgl Giovanni Biaggini, Die Entwicklung eines Internationalen Verwaltungsrechts
als Aufgabe der Rechtswissenschaft, in: Veróffentlichungen der Vereinigung der
Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL), Band 67, Berlin usw. 2008, S. 413 ff,
424 f; Thomas Gross Verantwortung und Effizienz in der Mehrebenenverwaltung,
VVDSIRL, Band 66, Berlin usw. 2007, S. 152 ff., 163 ff. (je mit weiteren Hinweisen).
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