Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Giovanni Biaggini 
3. Grundfragen des verwaltungsmässigen 
Vollzugs übergeordneten Rechts 
Angesichts dieses Befunds könnte man versucht sein anzunehmen, dass 
die Unterschiede grósser werden, wenn man im Prozess der Rechtsver- 
wirklichung weiter voranschreitet und in den Bereich der konkreten 
Umsetzungs- und Anwendungsakte gelangt. Bei näherer Betrachtung 
zeigt sich, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr nehmen die Gemeinsam- 
keiten (wieder) zu, wenn man die Ebene des verwaltungsmissigen Voll- 
zugs in den Blick nimmt. 
Dies hängt mit den Grundfragen zusammen, die sich beim verwal- 
tungsmássigen Vollzug der Gesetzgebung stellen. Wenn in einem be- 
stimmten Regelungsbereich Bundesrecht (oder europäisches Sekundär- 
recht) einmal gesetzt ist,'? so gilt es typischerweise zu entscheiden: 
— Wer vollzieht? 
— Wie wird vollzogen? (Wie viel Spielraum soll den Vollzugsbehôr- 
den zustehen?) 
- Wer kontrolliert (in welchen Verfahren und mit welchen Mitteln), 
ob ordnungsgemiss vollzogen wird? 
3.1. Grundmodelle des Verwaltungsvollzugs 
Für den Verwaltungsvollzug in fóderalen Verfassungsordnungen stehen 
im Wesentlichen zwei Grundmodelle zur Verfügung: 
— . Der Vollzug des Bundesrechts kann einer Verwaltungsbehórde der 
Bundesebene zugewiesen sein. Man spricht von zentralem oder di- 
rektem Vollzug des Bundesrechts.!? 
— . Der Vollzug des Bundesrechts kann den Verwaltungen der glied- 
staatlichen Ebene zugewiesen sein: Man spricht von dezentralem 
  
10 — Und, soweit erforderlich, durch (mit-)gliedstaadiches Recht ergánzt wurde. 
11 Eingehend dazu (rechtsvergleichend) Giovanni Biaggini, Theorie und Praxis des 
Verwaltungsrechts im Bundesstaat, Basel / Frankfurt a. M. 1996. 
12 Wird dieses Grundmodell konsequent durchgeführt, so entsteht ein System ge- 
wennter Verwaltungsspháren, in welchem die Gliedstaaten ihr eigenes Recht, der 
Bund sein eigenes Recht je mit eigenen Behórden vollziehen. Einem solchen dualen 
"rennmodell folgt man traditionellerweise in den USA (was nicht heisst, dass Be- 
rührungspunkte fehlen und keine Kooperationsbedürfnisse bestehen). 
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