Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Giovanni Biaggini 
Schweiz im Jahr 1848 in Verbindung steht (z. B. 12. Herbstmonat? 
statt auf ein historisch nicht erhártetes Datum, das für die mythisch 
überhóhten Urgründe der staatenbündischen Vergangenheit steht 
(1. August). 
Sogar den Begriff «Bundesstaat» sucht man in der schweizerischen Bun- 
desverfassung von 1999 (wie schon in ihren Vorgángerinnen von 1848 
und 1874) vergebens, dies im Unterschied etwa zum deutschen Grund- 
gesetz oder zum ôsterreichischen Bundes-Verfassungsgesetz.5 
Zum anderen erscheint mir das Leitmotiv der Emanzipation des- 
halb sehr sympathisch, weil ich im vorliegenden Beitrag aus rechtswis- 
senschaftlicher Sicht ein Thema behandle, in welchem die Dichotomie 
«Bundesstaat-Staatenbund» kaum weiterhilft, ja, die Dichotomie ist hier 
sogar eher hinderlich. 
Wie der Begriff «Vollzug» im Titel andeutet, wird es hier nicht in 
erster Linie um jene Organe oder Gewalten gehen, die traditionell im 
Zentrum staatsrechtlicher Betrachtungen stehen (Parlament, Regierung, 
Justiz), sondern um die Verwaltung und die Verwaltungstátigkeit. Nicht 
das «hehre» (Bundes-)Staatsrecht mit seinen grossen Prinzipien (wie Ge- 
waltenteilung, Rechtsstaatlichkeit usw.) steht dementsprechend im Vor- 
dergrund, sondern das eher prosaische, alltägliche Verwaltungsrecht. 
Der Fokus richtet sich nicht auf die «big decisions», sondern auf das 
meist unspektakuläre «daily business». Dass das Bundesrecht, um dessen 
Vollzug es im Folgenden geht, vor allem aus Verwaltungsrecht besteht, 
wird heute niemanden überraschen. Weniger gegenwärtig ist heute, dass 
es sich auch in der Europäischen Union ähnlich verhält, denn das Se- 
kundärrecht, das die Mitgliedstaaten umzusetzen haben, ist seiner Natur 
3 Am 12. Herbstmonat [=September] 1848 erging der Beschluss der Eidgenössischen 
Tagsatzung über die Annahme der ersten Bundesverfassung (welche besagtes Da- 
tum im Titel trägt). 
4 So aber ausdrücklich Art. 110 Abs. 3 BV. Diese Verfassungsbestimmung geht auf 
eine am 26. September 1993 angenommenen Volksinitiative zurück (Art. 116’is aBV, 
in Kraft seit dem 1. Juli 1994). In der Botschaft des Bundesrates vom 20. November 
1996 über eine neue Bundesverfassung (BBI 1997 I 1 ff., 322) wird der Bundesfeier- 
tag als «Gedenktag zur Entstehung des Bundesstaates [sic!]» bezeichnet (eine unbe- 
merkt gebliebene Freud‘sche Fehlleistung? oder bloss ein Übersetzungsfehler?). 
5 Vgl. Art. 20 GG und Art. 2 B-VG. 
174
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.