Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte 
meinsam, in der Schweiz gesichert durch einen (wenn auch im Detail fle- 
xiblen) Proporz aus Vertretern der Deutschschweiz und der Romandie, 
in der EU über den Grundmodus des einen Kommissars je Mitgliedstaat. 
Der verbissene Kampf um die Beibehaltung dieses Modus, der im Kon- 
text der Beratungen um den Verfassungsvertrag und den Lissabon-Ver- 
trag geführt wurde, ist anschauliches Beispiel der Bedeutung, die diesem 
Prinzip der Repräsentation kultureller Diversität beigemessen wird. 
Dass hier ein ganz entscheidender Unterschied zur Institutionenverfas- 
sung der Vereinigten Staaten von Amerika liegt, die — trotz erheblicher 
fóderaler Unterschiede — doch von einer starken Grundhomogenitàt in 
sprachlich-kultureller Hinsicht geprágt sind und sich dementsprechend 
im Kontext des Präsidialsystems auch eine rein monokratisch organi- 
sierte Bundesexekutive leisten kónnen, braucht hier nicht weiter ausge- 
führt zu werden. 
Trotz dieser Betonung einer gewissen strukturellen Ähnlichkeit 
bleiben fundamentale Unterschiede bestehen, derer man sich auch be- 
wusst sein sollte. Die EU-Kommission ist nicht die Exekutive des bün- 
dischen Systems der EU — im Gegensatz zum Bundesrat, der ohne Zwei- 
fel die Exekutive der Bundesebene im Schweizer Regierungssystem dar- 
stellt. Zwar verfügt die EU-Kommission ohne Zweifel über starke Ele- 
mente einer Exekutivgewalt — aber sie ist nicht der einzige Träger exeku- 
tivischer Funktionen, muss sich diese vielmehr mit dem Ministerrat (und 
nun auch noch dem Europäischen Rat) teilen. Im Blick auf das Regie- 
rungsmodell der Union lässt sich insofern letztlich eher von dem Modell 
einer gesamthänderischen Regierungsgewalt sprechen, die auf mehrere 
Organe aufgeteilt ist — und die enge Verzahnung und Verklammerung 
von Rat und Kommission im Kontext der Komitologie stellt nur ein be- 
sonders anschauliches Beispiel für diesen Befund dar. 
  
62 . Vgl hierzu eingehend D. J. Elazar / I. Greilsammer, Federal Democracy: The U.S.A. 
and Europe Compared — A Political Science Perspective, in: M. Cappelleui/:M. 
Seccombe/]. Weiler (Hrsg.), Integration Through Law, Vol.1 Book 1, Berlin 1986, 
S. 71 ff. 
63 Vgl hierzu etwa J. Blom-Hansen/G. J. Brandsma, The EU Comitology System, 
Journal of Common Market Studies 47 (2009), S. 719 {f.; C. E Bergstrom, Comito- 
logy: Delegation of Powers in the European Union and the Committee System, 
Oxford 2005; A. Ballmann/D. Epstein/S. O Halloran, Delegation, Comitology, 
and the Seoaration of Powers in the European Union, International Organization 56 
(2002), S. 551 ff; K. Lenaerts/ A. Verhoeven, Towards a Legal Framework for 
165
	        

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